Belgien vor der Wahl 1999
Malte Woydt 

Volksunie
(und ID21)

Volksunie und ID21
Die GESCHICHTE der "Volksunie - Vlaamse Vrije Demokraten", so die heutige Bezeichnung, begann 1949 mit der Gründung in der Tradition der flämischen Nationalbewegung. 1968 wanderte sie nach links, warf um den Dreh herum auch ihre strikt christliche Orientierung ab, hatte in den siebziger Jahren ihre größten Wahlerfolge und behauptet sich in dem außergewöhnlichen Dreieck Vlams Blok, Agalev und VLD weiterhin ganz beachtlich. Für die meisten Frankophonen ein rotes Tuch, finden die Flamen die Partei ganz normal.

In Ihrer PROGRAMMATIK steht die VU für eine eigenartige Mischung aus flämisch-nationalistischen Maximalpositionen (u.a. Föderalisierung von Justiz, Eisenbahn und Sozialversicherung), und linksliberalen bis grünen Vorstellungen, wie einem radikalen Pazifismus (Stopp aller Waffenexporte), einen radikalen Umbau des Sozialsystelms (weg von der "Versäulung"), Vorrang für den Umweltschutz (Öffentlicher Verkehr statt Autos, Erneuerbare Energien statt Atomkraft), eine Verdreifachung des Entwicklungshilfeetats usw.

EUROPA ist für die Volksunie eine hervorragende Gelegenheit, endlich die ungeliebten Wallonen loszuwerden. Man erhofft sich von einem echten "Europa der Regionen" die Auflösung der Nationalstaaten im allgemeinen und Belgiens im besonderen. Flandern als eigenständiges Mitglied der EU. Im Ausland hat die VU Bündnispartner in Schottland, Wales, Korsika usw. Das in Maastricht damals beschlossene Ausländerwahlrecht will die VU in Belgien nur dann einführen, wenn gleichzeitig eine flämische Mindestrepräsentanz in den Gremien Brüssels gesetzlich garantiert wird (in der Peripherie sowieso).

BRÜSSEL gehört für die Volksunie selbstredend zu Flandern. Man ist allerdings bereit, den Frankophonen in Brüssel die Zweisprachigkeit zuzugestehen. Dies gilt selbstredend nicht für die rein flämische Peripherie. Bei nur noch 10% Stimmen für flämische Parteien bei den letzten Regionalwahlen geht die VU/ID21 diesmal in Brüssel ein Wahlbündnis mit den Liberalen von der VLD ein. So hofft man, den Einzug ins Regionalparlament noch einmal zu schaffen.

Was macht ein noch relativ junger Parteivorsitzender, wenn er laut Statuten nicht mehr kandidieren darf? Er gründet eine neue politische Bewegung, die mit ihren peppigen Sprüchen viele junge Leute anzieht, und bietet sich seiner alten Partei als potenter Bündnispartner wieder an - So jedenfalls Bert Anxiaux mit seiner Bürgerbewegung ID21 ("Integrale Demokratie fürs 21. Jahrhundert"), die nächstes Jahr mit der Volksunie im Doppelpack zu den Parlamentswahlen antreten wird!

Halbwegs bekannte NAMEN aus den Reihen der VU umfassen den neuen Vorsitzenden Patrik Vankrunkelsven, seinen Vorgänger, den bereits genannten Chef des Wahlbündnisses, Bert Anxiaux, dessen Vater und Vorgänger Vic Anxiaux und den früheren Minister aus den Reihen der VU, Hugo Schlitz.
 

Patrik Vankrunkelsven Bert Anxiaux Vic Anxiaux Hugo Schlitz

Die VU war bereits zweimal in der nationalen Regierung, 1977/78 und 1988-91, verliert seit Ende der siebziger Jahre Stimmen und Politiker an den Vlams Blok, die VLD sowie Agalev, ist deshalb auch in ihrer Programmatik nicht immer sehr stabil, erhofft sich aber vom neuen Tandem-Outfit mit der ID21 viele neue junge Wähler und ein besseres Ergebnis als die 6,4% vom letzten Mal.

Brüssel-Rundschau, 16.10.98

  (c) Malte Woydt & Brüssel-Rundschau 1998

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