Vor den Wahlen 99: Die belgischen Parteien
Malte Woydt  Vlaamse Liberalen en Democraten (VLD) 
 

Die (Vor-)GESCHICHTE der VLD beginnt tief im 19. Jahrhundert, wo die Liberale Partei (PL) über Jahrzehnte die belgische Politik bestimmt hat, zuerst alleine, dann in einer Art Haßliebe mit der katholischen Konkurrenz verbunden. Das Ende des hundertjährigen Streit ums Schulsystem im Kompromiß von 1958 ließ den Konflikt zwischen Katholiken und Laizisten von einem Tag auf den anderen unwichtig werden. Die Liberalen benannten sich um in PLP, warfen den Antiklerikalismus in den Mülleimer der Geschichte und wurden zu einer normalen konservativen Partei.

Nach dem Auszug der frankophonen Brüsseler im Protest gegen die Zementierung der Brüsseler Grenzen (unter Ausschluß der Peripherie auf ewig) von 1970, geriet die alte zweisprachige liberale Partei in die Krise. Das Jahr 1972 sah die flämische PVV entstehen. Als deren Präsident seit 1982, Guy Verhofstadt, nach den Statuten nicht noch einmal wieder antreten durfte, wurde 1992 die PVV aufgelöst und unter Einbeziehung einiger abtrünniger ehemaliger Volksunie-Politiker die neue VLD gegründet.

Unter ihrem Vorsitzenden Verhofstadt schwenkte die PROGRAMMATIK der VLD von einem behäbigen Konservativismus um zum Neoliberalismus Thatcherscher und Reaganscher Prägung. Das zur Zeit noch stark mit den Gewerkschaften und Parteien verflochtene Sozialsystem (man bekommt seine Arbeitslosenhilfe von der parteinahen Gewerkschaft) soll zugunsten eines einheitlich staatlichen Systems mit großer privater Eigenbeteiligung abgeschafft werden.Um den Einfluß der Verbände noch weiter einzuschränken, sollen darüberhinaus Volksentscheide eingeführt werden. Zudem ist die VLD, deren Vorgänger PVV sich im "Sprachenstreit" immer sehr zurückgehalten hatte, im Laufe der Zeit auf einen dezidiert flämisch-nationalistischen Kurs eingeschwenkt.

Die VLD hat zur Zeit keine großen EUROPApolitischen Ambitionen. Wer einen Eindruck von VLD-Europapolitik gewinnen möchte, erinnert sich am besten des VLD-Politikers Willi De Clercq.

BRÜSSEL ist Hauptstadt von Flandern, und als solche braucht es Mindestquoten für Flamen auf allen Parlaments-, Regierungs- und Verwaltungsebenen. Die VLD hat sich für die Regionalwahlen mit der Volksunie (VU) zu einer Wahlallianz zusammengeschlossen.

Je näher die Wahlen rücken, desto schneller dreht sich das traditionelle KoalitionsKARUSSEL. Hatte man zunächst den frankophonen Partnern zuliebe die Möglichkeiten einer "lila" Koalition VLD-SP ausgelotet, endete das jetzt letzte Woche im Showdown der Parteipräsidenten Tobback und Verhofstadt. Der arme Verhofstadt ist jetzt doch wieder auf die CVP Jean-Luc Dehaenes angewiesen, um an die Regierung zu kommen, was letzteren zutiefst befriedigt. Da mögen die Wünsche der VLD noch so sehr in den Himmel steigen, an der CVP scheint man nicht vorbeizukommen.

Wichtige NAMEN umfassen den Vorsitzenden Guy Verhofstadt, Ex-Vorsitzende und EU-Abgeordnete Annemie Neyts, Marc Verwilghen, der durch seine Rolle als Vorsitzender des Dutroux-Untersuchungsausschusses zum beliebtesten Politiker Belgiens avanciert ist (die VLD versucht sich seitdem umso stärker als Staats- und Justizreformpartei zu profilieren) und Willy De Clercq, ergrauter Ehrenvorsitzender und ehemaliges Mitglied der EU-Kommission.
 


Guy Verhofstadt
 
Annemie Neyts

Marc Verwilghen

Herman De Croo


Die große HOFFNUNG der VLD seit 10 Jahren: Die CVP schlagen, und stärkste Kraft im Lande werden. Magische 30%-Marke? Ach was, könnten auch ruhig mehr als 40% (der Flamen) sein (25% landesweit)! Letztesmal reichte es für 21%.

Brüssel-Rundschau 21.1.1999

  (c) Malte Woydt & Brüssel-Rundschau 1999

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