Malte Woydt
Flächennutzungsplan im Eilverfahren

Hätten Sie gerne Verkehrsberuhigung in Ihrer Straße? Eine Straßenbahnhaltestelle an der Ecke? Oder sehnen Sie sich nach der Nachbarschaft eines Bürohochhauses, einer Autowerkstatt? Gehen Sie auf Ihre Kommune und schauen Sie sich den neuen Regionalen Flächennutzungsplan PRAS an. Bis zum 2. November können noch Einwendungen bei der Regionalregierung gemacht werden, dann ist Schluß.

Denken Sie nicht, daß ginge Sie nichts an! Sollten Sie HausbesitzerIn sein, kann der Plan für Sie unangenehme Folgen haben. Jede Änderung eines Flächennutzungsplanes hat direkte Auswirkungen auf den Wert Ihrer Immobilie. Vom Wohnwert neben einer neuen Großbaustelle ganz zu schweigen...

Erst seit 1979 versucht man in Brüssel systematisch Stadtplanung zu betreiben. Im Laufe der Zeit hat sich die Plaungsidee soweit entwickelt, daß es jetzt für jedes Grundstück vier Pläne gibt, die sagen, was darauf geschehen soll. Den kommunalen Flächennutzungsplan, den kommunalen Stadtentwicklungsplan, den regionalen Flächennutzungsplan und den regionalen Stadtentwicklungsplan. Kommunen und Region beschließen seitdem fröhlich drauflos. Mancherorts gibt es zwei oder gar vier unterschiedliche Nutzungsvorschriften. Mit dem Ergebnis, daß sich normalerweise der stärkere durchsetzt. Beim alten Kampf zwischen Büros und Wohnungen wird dann halt derjenige Plan hervorgezogen, der Büros vorsieht.

Die Regionalregierung will den Dauerstreit mit den Kommunen beenden und den gordischen Knoten in ihrem Sinne durchhauen. Der neue Regionale Flächennutzungsplan PRAS soll nun endgültig ausschlaggebend sein und Vorrang vor allen anderen Plänen haben. Man wäre nicht in Brüssel, wenn es damit nicht so seine Haken hätte. Zum einen wurde der PRAS völlig unvermittelt zum Ende der Sommerpause aufgelegt und alle Einwendungen bereits bis Ende Oktober verlangt. Zum anderen sieht der PRAS tiefgreifende Änderungen vor. Zahlreiche Wohngebiete werden zu Bürovierteln umgewidmet.

Die mit der Thematik befaßten Bürgerinitiativen und Verbände wurden kalten Fußes erwischt. Jeden Tag soll ein "Vademecum" des Umweltschutzdachverbandes Inter-Environnement Bruxelles erscheinen, daß uns Laien das Lesen der offiziellen Pläne erleichtern soll. Viele Kommunalpolitiker in den 19 Gemeinden sehen derweil die Arbeit von Jahren nutzlos werden, wenn ihre mühsamen Kompromisse auf kommunaler Ebene jetzt einfach durch den regionalen Plan über den Haufen geworfen werden.

Die bunten Stadtpläne, die den PRAS darstellen, sind im Moniteur Belge vom 19.August (bzw. Korrekturen am 1.September!) erschienen, und lassen sich für 500 BEF abholen bei der Administration de l'Amenagement du Territoire et du Logement, Rue du Progrès 80 (CCN / Nordbahnhof), Tel. 02/204.23.18. Eine kleine Gratisbroschüre desselben Amtes gibt es unter 0800/98330. Das "Vademecum" der Umweltverbände bei Inter-environnement Bruxelles, Tel. 02/223.01.01.

Brüssel-Rundschau  2.10.98
Links:
Moniteur Belge: PRAS Erratum  
Die Karten zum PRAS  
Hervé Hasquin Homepage