Malte Woydt:
Die letzten
Mohikaner
Charles Delhez über
Katholiken in Belgien
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Geht es
Ihnen auch so, daß sie auch nach Jahren in Belgien nicht sagen könnten,
wie es um die Kirche hier steht? In Deutschland schlagen die Wellen mal
wieder hoch wegen der Schwangerenberatung. Vor nicht allzu langer Zeit
war das Kirchenvolksbegehren in aller Munde. Und in Belgien? Charles Delhez
Bändchen "Les derniers des Mohicans? Les catholiques en Belgique"
gibt einige persönliche Antworten. Das Buch ist natürlich nicht
für Ausländer geschrieben, die sich ein Bild machen wollen. Aber
gerade weil es auf belgische Debatten der letzten Jahre antwortet, bietet
es vermutlich ein gutes Bild dessen, was diskutiert wird.
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Belgien ist
aus der Gegenreformation als ein rein katholisches Land hervorgegangen,
einer der Gründe, warum es sich 1830 wieder von den kalvinistisch
dominierten Niederlanden befreit hat. Seit Napoleons Konkordat mit dem
Papst hörte der Katholizismus auch in Belgien auf, Staatsreligion
zu sein, auch später wurde die Religionsfreiheit nicht mehr angetastet.
Belgien ist wie Deutschland und im Gegensatz zu Frankreich allerdings kein
laizistischer Staat. Die Kirche ist in der Verfassung als unabhängige
Organisation anerkannt, was sie von normalen Vereinen unterscheidet. Im
Gegensatz zu jenen ist sie keine juristische Person, von ihr gegründete
Einrichtungen und Vereine allerdings schon.
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Der Staat besoldet
die Priester, als Ausgleich für die ausgedehnten Enteignungen der
Kirche unter Napoleon, aber auch als Anerkennung ihrer sozialen Aufgaben.
Sonst ließe sich auch die Finanzierung der kleinen protestantischen,
jüdischen, orthodoxen und freidenkerischen Gemeinden nicht rechtfertigen,
die unter Napoleon keine großen Besitztümer verloren hatten.
Es gibt auch seelsorgerische Dienste in Armee, Krankenhäusern und
Gefängnissen, sowohl katholischer als auch freidenkerischer Provenienz.
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Die Freidenker
spielen überhaupt in seinem Buch eine größere Rolle, als
wir das aus Deutschland gewohnt sind. Das liegt an ihrer Verquickung mit
den hiesigen Freimaurern, die in der liberalen Partei und auch sonst in
weiten Feldern des öffentlichen Lebens präsent sind. In den Schriften
der Freidenker habe sich seit Jahrzehnten nichts am antiklerikalen Ton
geändert, den Veränderungen der Kirche und dem friedlichen Ende
des Schulstreites völlig ungeachtet. Delhez beschwert sich darüber,
daß immer nur die Kirche im Zusammenhang mit illegitimer Machtausübung
genannt werde. Dabei seien es ja insbesondere die Freimaurer, die mit ihrer
Geheimniskrämerei Verdacht weckten. Warum müssen sie sich verstecken,
wenn sie nichts zu verbergen haben? Wieso kam es nur durch Zufall heraus,
daß die beiden Vorsitzenden der Untersuchungskommission zur Sektenfrage
beide Freimaurer waren? Jedenfalls sei es kein Zufall, daß auf diese
Weise die Freimaurer nicht, ein katholischer Verein aus Antwerpen aber
sehr wohl in dem Sektenbericht auftauchten.
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Der Autor widmet
sich über lange Strecken dem Sektenproblem. Häufig werde geäußert,
die katholische Kirche solle sich nicht so haben, sie unterscheide von
den anderen Sekten einzig, daß sie Erfolg gehabt habe. Er wehrt sich
wehement gegen die Unterstellung, die katholische Kirche sei eine Sekte.
Sekte oder Religion habe nichts mit Größe oder Alter zu tun,
Sekten zeichneten sich dadurch aus, ihre Mitglieder psychisch abhängig
zu machen bis zu zerstören. Auch versteckten sich dort häufig
nichtreligiöse, etwa kommerzielle Motive hinter einer religiösen
Fassade. Der 189 belgische Organisationen umfassenden Sektenliste des Parlamentes
von 1997 wirft er u.a. vor, nicht zwischen gefährlichen Sekten, geschlossenen
religiösen Gemeinschaften und sektenhaften Abspaltungen oder Subgruppen
unterschieden zu haben. Allerdings erkennt er an, daß es mit dem
in allen größeren Städten Belgiens präsenten Opus
Dei, eine sektiererische Organisation innerhalb der katholischen Kirche
gibt, aus deren Reihen er selbst von persönlichkeitszerstörerischen
Praktiken erzählt bekommen habe.
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Im Prinzip
ist es in Belgien wie überall in Westeuropa. Immer weniger Leute gehen
sonntags in die Kirche, immer weniger Kinder werden getauft, immer weniger
Menschen heiraten, immer mehr Menschen lassen sich scheiden, immer weniger
Menschen wollen Priester werden.
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Delhez beschwert
sich über die Kirchenfeindlichkeit der belgischen Medien. Er zitiert
Beispiele wie die Anmoderation einer katholischen Sendung im Radio, "jetzt
können wir alle kurz einen trinken gehen, bis wir uns nach der Sendung
'Herz und Geist' wiedertreffen...". Er berichtet, anläßlich
Allerheiligen einen halben Tag lang von einem Kamerateam als jugendnaher
Pastor in Jeans und mit Gitarre begleitet worden zu sein, mit dem Resultat,
daß dann am Abend statt seiner ein alter Priester in Soutane gezeigt
wurde, der Gräber mit dem Weihrauchfaß segnete.
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unfertig :-)
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(c) Malte Woydt 1998
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