MALTE WOYDT SITEMAP   EMAIL: info@woydt.be  

HOME   LEKTÜRE:   MEINE PUBLIKATIONEN:   BUCHBESPRECHUNG DELHEZ 1998

Malte Woydt:
Die letzten Mohikaner
Charles Delhez über Katholiken in Belgien

...... Geht es Ihnen auch so, daß sie auch nach Jahren in Belgien nicht sagen könnten, wie es um die Kirche hier steht? In Deutschland schlagen die Wellen mal wieder hoch wegen der Schwangerenberatung. Vor nicht allzu langer Zeit war das Kirchenvolksbegehren in aller Munde. Und in Belgien? Charles Delhez Bändchen "Les derniers des Mohicans? Les catholiques en Belgique" gibt einige persönliche Antworten. Das Buch ist natürlich nicht für Ausländer geschrieben, die sich ein Bild machen wollen. Aber gerade weil es auf belgische Debatten der letzten Jahre antwortet, bietet es vermutlich ein gutes Bild dessen, was diskutiert wird.
...... Belgien ist aus der Gegenreformation als ein rein katholisches Land hervorgegangen, einer der Gründe, warum es sich 1830 wieder von den kalvinistisch dominierten Niederlanden befreit hat. Seit Napoleons Konkordat mit dem Papst hörte der Katholizismus auch in Belgien auf, Staatsreligion zu sein, auch später wurde die Religionsfreiheit nicht mehr angetastet. Belgien ist wie Deutschland und im Gegensatz zu Frankreich allerdings kein laizistischer Staat. Die Kirche ist in der Verfassung als unabhängige Organisation anerkannt, was sie von normalen Vereinen unterscheidet. Im Gegensatz zu jenen ist sie keine juristische Person, von ihr gegründete Einrichtungen und Vereine allerdings schon.
...... Der Staat besoldet die Priester, als Ausgleich für die ausgedehnten Enteignungen der Kirche unter Napoleon, aber auch als Anerkennung ihrer sozialen Aufgaben. Sonst ließe sich auch die Finanzierung der kleinen protestantischen, jüdischen, orthodoxen und freidenkerischen Gemeinden nicht rechtfertigen, die unter Napoleon keine großen Besitztümer verloren hatten. Es gibt auch seelsorgerische Dienste in Armee, Krankenhäusern und Gefängnissen, sowohl katholischer als auch freidenkerischer Provenienz.
...... Die Freidenker spielen überhaupt in seinem Buch eine größere Rolle, als wir das aus Deutschland gewohnt sind. Das liegt an ihrer Verquickung mit den hiesigen Freimaurern, die in der liberalen Partei und auch sonst in weiten Feldern des öffentlichen Lebens präsent sind. In den Schriften der Freidenker habe sich seit Jahrzehnten nichts am antiklerikalen Ton geändert, den Veränderungen der Kirche und dem friedlichen Ende des Schulstreites völlig ungeachtet. Delhez beschwert sich darüber, daß immer nur die Kirche im Zusammenhang mit illegitimer Machtausübung genannt werde. Dabei seien es ja insbesondere die Freimaurer, die mit ihrer Geheimniskrämerei Verdacht weckten. Warum müssen sie sich verstecken, wenn sie nichts zu verbergen haben? Wieso kam es nur durch Zufall heraus, daß die beiden Vorsitzenden der Untersuchungskommission zur Sektenfrage beide Freimaurer waren? Jedenfalls sei es kein Zufall, daß auf diese Weise die Freimaurer nicht, ein katholischer Verein aus Antwerpen aber sehr wohl in dem Sektenbericht auftauchten.
...... Der Autor widmet sich über lange Strecken dem Sektenproblem. Häufig werde geäußert, die katholische Kirche solle sich nicht so haben, sie unterscheide von den anderen Sekten einzig, daß sie Erfolg gehabt habe. Er wehrt sich wehement gegen die Unterstellung, die katholische Kirche sei eine Sekte. Sekte oder Religion habe nichts mit Größe oder Alter zu tun, Sekten zeichneten sich dadurch aus, ihre Mitglieder psychisch abhängig zu machen bis zu zerstören. Auch versteckten sich dort häufig nichtreligiöse, etwa kommerzielle Motive hinter einer religiösen Fassade. Der 189 belgische Organisationen umfassenden Sektenliste des Parlamentes von 1997 wirft er u.a. vor, nicht zwischen gefährlichen Sekten, geschlossenen religiösen Gemeinschaften und sektenhaften Abspaltungen oder Subgruppen unterschieden zu haben. Allerdings erkennt er an, daß es mit dem in allen größeren Städten Belgiens präsenten Opus Dei, eine sektiererische Organisation innerhalb der katholischen Kirche gibt, aus deren Reihen er selbst von persönlichkeitszerstörerischen Praktiken erzählt bekommen habe.
...... Im Prinzip ist es in Belgien wie überall in Westeuropa. Immer weniger Leute gehen sonntags in die Kirche, immer weniger Kinder werden getauft, immer weniger Menschen heiraten, immer mehr Menschen lassen sich scheiden, immer weniger Menschen wollen Priester werden.
...... Delhez beschwert sich über die Kirchenfeindlichkeit der belgischen Medien. Er zitiert Beispiele wie die Anmoderation einer katholischen Sendung im Radio, "jetzt können wir alle kurz einen trinken gehen, bis wir uns nach der Sendung 'Herz und Geist' wiedertreffen...". Er berichtet, anläßlich Allerheiligen einen halben Tag lang von einem Kamerateam als jugendnaher Pastor in Jeans und mit Gitarre begleitet worden zu sein, mit dem Resultat, daß dann am Abend statt seiner ein alter Priester in Soutane gezeigt wurde, der Gräber mit dem Weihrauchfaß segnete.

...... unfertig :-)
...... (c) Malte Woydt 1998

. NÄCHSTER BELGIENKURS
Als Abendkurs über 9 Dienstagabende. Ab 4. Oktober 2005, jeweils 20:15 Uhr bis 21:45 Uhr, in den Räumen der Deutschen Schule. Für KUBI, dort anmelden, siehe www.kubi.be


MALTE WOYDT   RUE JENATZYSTRAAT 16   B-1030 BRÜSSEL   info@woydt.be   TEL./FAX: 0032/2/216.24.99   UST-NR: BE-547.565.295