MALTE WOYDT

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Mensch 2

“Indem er aufzeigte, dass menschliche Mündigkeit von Verantwortung abhängt, sagte … [Kant] uns zwar nicht wirklich, was Menschen sind, sondern vor allem, was sie nicht sind: Sie sind keine Naturgeschöpfe. … Während es sinnvoll geworden ist, von Tierrechten zu sprechen, ergibt die Rede von Tierpflichten keinen Sinn. … Anders als Naturgeschöpfe … sind Menschen frei, moralische Zwecke zu verfolgen. Deshalb sollten sie selbst kategorisch als Zwecke und nie als bloße Mittel behandelt werden. Sie haben nicht einfach einen Wert – wie ihn Dinge dadurch erlangen können, dass sie benutzt werden. Sie verfügen vielmehr über eine Würde, die ‘üer allen Preis erhaben’, also absolut ist. Wie Kant in der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten erklärt:

‘Alles [hat] entweder einen Preis, oder eine Würde. Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes als Äquivalent gesetzt werden; was dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein Äquivalent verstattet, … hat nicht bloß einen relative Werth, d.i. einen Preis, sondern einen innern Werth, d.i. Würde.’ …

Sklaverei ist die paradigmatische Verletzung dieses absoluten Grundsatzes, weil sie auf der systematischen Reduktion von Menschen auf bloße Mittel basiert.”

aus: Omri Boehm: Radikaler Universalismus jenseits von Identität. Berlin: Ullstein 2023 (engl. Orig.-Ausg. 2022), S.49-51.

Abb.: Felix Droese: Reise ins Glück, 1992, Produzentengalerie Hamburg, im Internet.

08/24

07/08/2024 (23:20) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

Dumm, dümmer, am dümmsten

“Die extreme Rechte bedroht unsere Demokratie, unsere Freiheit und unseren Wohlstand. Und dazu greift sie gezielt zu Desinformation, Hetze und Spaltung. Die AfD und ihre ideologischen Verbündeten wollen, dass wir die Regierung, die Medien, unsere Demokratie und alle demokratischen Parteien hassen – damit sie sich als einzige Heilsbringerin inszenieren kann. Doch sie hat dabei ein Problem.

Das, was sie in ihrer Propaganda behauptet, stimmt größtenteils nicht. Deswegen müssen AfD & Co. halt pausenlos lügen. Wenn zum Beispiel Wirtschaftsminister Habeck richtige und besonnene Dinge sagt, könnte es den potenziellen Opfern der AfD schwerfallen, Hassgefühle zu empfinden. Deshalb müssen Rechtsextreme ihren Feinden eben selbst Dinge in den Mund legen, um ihren blinden Hass zu rechtfertigen. …

Die Zirkellogik dahinter: Man findet den Politiker schlecht, hält ihn deshalb für ‘dumm’, und deshalb glaubt man, er sagt dumme Dinge, und deshalb ist es okay, ihm dumme Dinge in den Mund zu legen, was andere davon überzeugt, dass der Politiker dumme Dinge sagt. Dass das Meiste, was man gelesen hat, gelogen war, bekommt in diesen Kreisen kaum noch jemand mit. …

Die meisten Fake-Bilder greifen wir gar nicht mehr auf, weil sie so absolut sinnlos sind. Es sind frei erfundene Lügen, sie zu behandeln würde sie nur noch bekannter machen. In der letzten Woche machte … [ein] mehrfach schlecht bearbeitete Bild in den rechten Gruppen die Runde [, dessen Witz sein sollte,] dass Wirtschaftsminister Habeck denken sollte, die Niederlande und Holland seien zwei verschiedene Mannschaften und er soll sich angeblich das als Traum-Final-Paarung gewünscht haben. …

Solche Memes sind eine intellektuelle Bankrotterklärung. Wenn es angeblich so viele echte, negative Aussagen eines Habecks gibt – warum lacht man nicht über diese, sondern über völlig frei erfundene Dinge? Was hat das mit der Politik der Grünen zu tun? Mit Politik allgemein? Das ist völliges Kindergarten-Niveau. ‘Ihr seid doof!’, aber als Politik.

Warum ich dieses dämliche Hass-Bildchen aber dieses Mal thematisiere, hat einen anderen Grund. Ich habe es gesehen und ignoriert, wie rechte Hetz-Bildchen und Pseudo-Witze ständig. Aber kurz darauf ist mir … ins Auge gesprungen: … exakt das gleiche Bild, aber AfD-Chef Chrupalla wurde über Habeck geklebt. Man sieht rechts von Chrupalla noch etwas das Bild von Habeck, das überdeckt wurde. … Es wurde genauso kommentarlos als ‘Witz’ geteilt, wie das Meme über Habeck zuvor. …

Wir stehen für Fakten, Demokratie, Fairness und Zusammenhalt. Deshalb müssen wir die AfD und ihre Methoden laut und deutlich kritisieren. Aber ein ‘Ihr seid alle immer einmal dümmer als wie wir!’ ist Kindergarten. Und letztendlich auch kontraproduktiv. Das Einzige, was wirklich ‘dumm’ ist, ist, sich auf so ein Niveau herabzubegeben.”

aus: Thomas Laschyk: Ihr seid alle immer einmal dümmer als wie wir! Volksverpetzer 16.7.24, im Internet.

07/24

17/07/2024 (10:20) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

Bothsidismus

Konservativliberale Kommentatoren … beklagen, dass ‘die Polarisierung’ und ‘die Radikalisierung von beiden Seiten’ schuld seien, und das Verhängnis der ‘politischen Gewalt‘. Als hätten sich in den letzten Jahren beide großen Parteien in den USA radikalisiert.

Als wären die schlimmen Finger, die das Klima vergiften, genauso schuldig wie jene, die vor der Klimavergiftung der schlimmen Finger warnen.

Als wäre das Problem der liberalen Gesellschaften, dass sich alle radikalisieren. Trump und Biden, Höcke und Scholz, Nepp und Ludwig, die Obamas und die rechten Waffennarren – alle furchtbar radikal. Merkt ihr selber, wie absurd dieser ‘Bothsidismus’ ist, oder? Faschisten und Demokraten, traurig, wie polarisiert die sind. Das Gegenteil ist ja der Fall: Während die Linksparteien immer ‘rechter’ wurden (nämlich immer un-radikaler), wurden die Rechtsparteien immer ‘rechtsradikaler‘. …

Als ein Attentäter in das Haus von Nancy Pelosi eindrang, der damaligen Demokraten-Anführerin im Repräsentantenhaus, und dort ihren Mann mit einem Hammer schwer verletzte, machte sich Trump noch über die ‘crazy Nancy Pelosi’ lustig und fragte unter dem Gelächter seiner Anhänger: ‘Übrigens, wie geht’s eigentlich ihrem Mann?’

Trump selbst stachelte seine Anhänger immer wieder zu Gewalt an. ‘Wir versprechen euch, die Kommunisten, die Marxisten, die Faschisten und die linksradikalen Schurken auszurotten, die wie Ungeziefer in unserem Land leben und bei Wahlen lügen, stehlen und betrügen’, kündigt er in seinen Wahlkampfreden an. …

Die Gewalt, die jetzt einen der Ihren traf, ist buchstäblich eine ‘innere Angelegenheit’ der extremen Rechten. Wäre es nach den bösen Linken gegangen, hätte der Typ nie eine Waffe in der Hand gehabt. …”

aus: Robert Misik: Der Kult der Gewalt und die Heuchler, Zackzack.at, 17.7.24, im Internet.

07/24

17/07/2024 (9:53) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

Gandhian utopia

“Otherworldliness became spirituality, an Indian cultural essential that promised her a future cultural perfection unattained in the West. Passiveness became at first passive resistance and later nonviolent resistance – the age-old Indian character thus provided a revolutionary technique by which to bring on that future perfection. The supposed penchant of India to accept despotism led Gandhi to reject the state entirely. The backward and parochial village became the self-sufficient, consensual and harmonious center of decentralized democracy. An absent national integration turned into the oceanic circles of a people’s democracy. Insufficient Indian individualism became altruistic trusteeship, and inadequate entrepreneurial spirit turned into non-possessiveness. This ‘affirmative Orientalism’ owes much to Europeans like the vegetarian Henry Salt, the Theosophist Annie Besant, the Hindu convert Sister Nivedita, the simplifier Edward Carpenter, and the champion of spiritual nonviolence, Tolstoy, all of whom employed these positive stereotypes against a modernized, aggressive, capitalist, materialistic, and carnivorous Europe for which they bore little love. …

Gandhian utopia reacts against negative orientalism by adopting and enhancing this positive image. It therefore ends up with a new Orientalism, that is, a new stereotype, of India, but an affirmative one, leading to an effective resistance. …

Orientalism did not only serve European domination. Affirmative Orientalism furthered the resistance by Europeans to Western capitalism and modern industrial society.”

aus: Richard G. Fox: East of Said. In: Joan Vincent: The Anthropology of Politics, Main Street Maiden MA, USA u.a. 2009, S. 147/148.

07/24

08/07/2024 (14:02) Schlagworte: EN,Lesebuch ::

Paternalisms

“‘Paternalism’ is the name generally given to the sort of phenomenon we had noticed among the missionaries. I am not sure that the word is not, in most cases, too favourable ; affection and a sense of kinship, two important elements in a really paternal attitude, were both lacking, as far as I could see, in Belgian feeling towards the Congolese. The people we saw on these excursions were ‘the best Belgians’, among the few who had come to the Congo for another motive than that of enriching themselves. These missionary priests and nuns had dedicated themselves to the good of the Congolese and they led, without complaint, a hard and dangerous life for the sake of these Africans. They would do anything for them, short of actually liking them. …

If the attitude of the Belgian administration and the industrialists and missionaries had been genuinely paternal – as some of the British administrators in some other parts of Africa had been – there would have been much to be said for it. A good parent, after all, wants his children to grow up. He does not want them to stunt their intellectual growth ; he encourages them to take on responsibilities progressively ; he steps aside, and stays aside, as soon as he reasonably can. There is little evidence that Belgians in the Congo generally were paternalist in this good sense. The priest who, in the presence of Congolese colleague, emphasized not only the gravity but also the ineradicable nature of Congolese defects, was ‘paternalist’ in the manner of a father who enjoys sneering at a son’s awkwardness, and keeps impressing on him that he is congenitally and incurably defective. I found this form to be, on the whole, the prevalent type of paternalism in Katanga.”

aus: Conor Cruise O’Brien: To Katanga and back. London: Four Square 1965 (1962): 172/173.

06/24

22/06/2024 (23:57) Schlagworte: EN,Lesebuch ::

Livres 3

“C’est fou de penser qu’il faut lire tous les livres que l’on achète, car il est insensé de critiquer ceux qui achètent plus de livres qu’ils ne pourront jamais lire. Ce serait comme dire que vous devriez utiliser tous les couverts, verres, tournevis ou morceaux de perceuse que vous avez achetés avant d’en acheter de nouveaux. Il y a des choses dans la vie dont nous avons besoin pour toujours avoir beaucoup de fournitures, même si nous n’utiliserons qu’une petite partie. Si, par exemple, nous considérons les livres comme des médicaments, nous comprenons qu’il est bon d’en avoir beaucoup à la maison plutôt que quelques-uns : quand on veut se sentir mieux, alors on va dans le ‘placard à médicaments’ et on choisit un livre. Pas un hasard, mais le bon livre pour ce moment. C’est pourquoi il faut toujours avoir un choix nutritionnel ! Ceux qui n’achètent qu’un seul livre, ne lisent que celui-ci et s’en débarrassent Ils appliquent simplement la mentalité du consommateur aux livres, c’est-à-dire qu’ils les considèrent comme un produit de consommation, un bien. Ceux qui aiment les livres savent qu’un livre est tout sauf une marchandise.”

Umberto Eco zugeschrieben, bei Facebook…

06/24

10/06/2024 (20:28) Schlagworte: FR,Lesebuch ::

DDR

“heimland ddr/heimchen ddr/heimsuchung ddr/heimlichland ddr/wir sitzen unter der decke und werden alt/wir sitzen noch in der schulbank und sterben leis/wir erzählen uns unsere abortschweinereien und werden nie ­erwachsen/unter der decke liegen die generationen und stöhnen ihr weltallerlei/als grützenpudding in den topf/wir rühren und rühren bis das einmaleins ein graumalgrau ist/ die grauschicht wächst enorm/das grauen ­bein­haltet das der kinder denen die hände ­abge­schlagen sind/ die haut ist belegt und ­beleckt der hund war nie angebunden/opa verlor früh seine kondition vom ständigen krieg­machen wackeln die knie/ein menschenleben hier unter der decke/wir haben alles verborgen ­gehalten/wir wissen was wir sind und haben uns nie voneinander entfernt/erst knieten wir viele jahre unter der decke in anbetung des geistes/über der decke konnten wir uns schubsen/ab und zu kullerte einer den abhang hinun­ter/inzwischen haben wir uns aneinander ­gekettet damit uns keiner mehr/verlustig wird”

aus: Gabriele Stötzer, zitiert durch Ines Geipel: Der Preis war hoch, Gabriele Stötzer (gesch. Kachold) hat es überlebt, Emma, 1.11.2009, im Internet.

Abb.: Gabriele Stötzer: U-Haft, Performance, 1990, Foto Bernd Hiepe, im Internet.

05/24

20/05/2024 (15:44) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

Progressieve depressie

“De helft van de adolescenten [heeft] psychische klachten … (slapeloosheid, nervositeit, humeurigheid, futloosheid, het gevoel ongezond te zijn, depressie). … [In de VS gaat] de geestelijke gezondheid … sinds 2010 snel achteruit. … Bij oude, conservatieve mannen wordt nagenoeg geen achteruitgang opgetekend; bij progressieve, adolescente meisjes is ze onrustwekkend groot.

Waarom[?] … De tijd die jongeren op sociale media zitten, blijkt minder impact te hebben dan doorgaans wordt verondersteld. … Het individualisme van conservatieven … wordt getemperd door een sterke verbondenheid met natie, geloof, gezin en/of familie, en door de aanvaarding van de beperkingen die uit de verbondenheid voortvloeien. Het individualisme van progressieven is daarentegen meer zelfbetrokken, gericht op zelfontplooiing en zelfexpressie. Het leidt tot kwetsbaarheid omdat het afhankelijk maakt van de immer onzekere aanvaarding en goedkeuring door anderen.

Over het laatste decennium deden zich daarenboven een aantal ontwikkelingen voor die het progressieve zelf raken. Er was het aanjagen van angst rond het klimaat … [En] het wokedenken … ziet de wereld als een strijd tussen onderdrukkers en slachtoffers. Wie dat met empathie doet, maakt zich het lijden of vermeende lijden van de slachtoffers eigen. Meisjes zijn daar meer toe geneigd dan jongens. …

Hedendaagse progressieve jongeren komen overwegend uit gezinnen die genieten van zogeheten ‘wit privilege‘, ‘klassenprivilege’ en god-weet-welke-privileges. In hun ogen zijn hun ouders en zijzelf de ‘verdrukker’ van de slachtoffers. … De wijze waarop … progressieve meisjes vandaag naar de wereld kijken, bevordert mede-lijden, schuldgevoel, angst en zelf-afkeer. ….”

aus: Mark Elchardus: Onze jongeren lijden te veel maar weren zich. De Morgen, 6.4.24.

05/24

13/05/2024 (14:11) Schlagworte: Lesebuch,NL ::

Blauw en roze

“De algemeen aanvaarde regel is: roze voor de jongen en blauw voor het meisje. De reden is dat roze een meer besliste en sterkere kleur is, meer passend dus voor jongens, terwijl blauw, delicater en sierlijker, mooier staat bij meisjes.”

aus: Ladies’ Home Journal (USA) 1918, zitiert durch: Rachida Aziz: Niemand zal hier slapen vannacht. Antwerpen: EPO 2017, S.219.

05/24

13/05/2024 (10:27) Schlagworte: Lesebuch,NL ::

Diversiteit 2

“Het absurde aan een concept als diversiteit … [is, dat het ervan uit gaat] dat uw samenleving volstrekt homogeen was voor mijn vader in ‘uw’ fabrieken ging werken. Alsof grootgrondbezitters en landarbeiders iets gemeen hadden, alsof Charles Woeste – behalve worsten vlak voor de verkiezingen – ook maar iets deelde met de kinderen die zich in de helse textielfabrieken van Aalst afbeulden. Alsof er iets bestaat als een Volk waar zowel de koning als de dakloze deel van uitmaken. Alsof ik iets gemeen heb met Nahima Lanjiri of Zuhal Demir die voor de deportatiewet stemden, of met de Saoedische imam die op tv uitlegt hoe mannen vrouwen onder de knoet moeten houden.”

aus: Rachida Aziz: Niemand zal hier slapen vannacht. Antwerpen: EPO 2017, S.171/172.

05/24

13/05/2024 (10:14) Schlagworte: Lesebuch,NL ::
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