015) Joschka Fischer
Und warum hat es Joschka Fischer immer noch nötig, sich auf Kosten der Partei zu profilieren?
MALTE WOYDT |
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Und warum hat es Joschka Fischer immer noch nötig, sich auf Kosten der Partei zu profilieren?
Unser heutiger Begriff von politischer Kultur – ist das nicht das alte Bild vom Nationalcharakter in neuem Gewande? Und der eine wie das andere viel zu statisch, um einer sich schnell (und in verschiedenen Ländern unterschiedlich schnell) ändernden Realität gerecht zu werden?
Inwieweit hindert uns die Vorstellung von der Politik als dem Bohren dicker Bretter (oder “das weiche Wasser bricht den Stein”) daran, tatsächlich vorhandene Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen? Sollte uns die Revolution in der DDR von 1989 nicht lehren, daß Änderungen auch in unglaublich schnellem Tempo vorsichgehen können?
Wie verhindere ich, Rassist zu werden? Nachdem ich jetzt in Brüssel schon zweimal von Maghrebinern überfallen wurde, traue ich mich nicht nur nicht mehr an die Orte des Geschehens zurück, sondern habe beim Anblick jedes beliebigen Maghrebiners ein ungutes Gefühl im Magen.
Was ist Provinzialität? Was unterscheidet eine Stadt, die provinziell ist, von einer Stadt, die es nicht ist? Was hat die erste, was die zweite nicht hat und was hat die zweite, was die erste nicht hat?
Man kann viel reden über die Mitschuld jedes einzelnen Deutschen an den Naziverbrechen. Aber wie steht es mit uns heute? Was hilft dem Linksliberalen seine ausländerfreundliche Einstellung, wenn sie nie auf die Probe gestellt wird? Und was hilft sie dem ausgewiesenen oder zusammengeschlagenen Ausländer? Was hilft die beste Einstellung, wenn man nicht weiß, wie man sie in die Praxis umsetzen kann? Insbesondere, wenn man sich ständig in ähnlichgesinnten Kreisen bewegt? Ist es nicht anmaßend, sich hier Einfluß auf Menschen anderer Milieus auszurechnen, mit denen man doch sonst nie redet? Reicht es aus, im jeweils eigenen Milieu Stellung zu beziehen?
Wozu noch Parteiortsverbände? Partizipation total ist ermüdend und außerdem schnell von Kommunalpolitik vereinnahmt. Heute variieren Ortsverbände zwischen Kaffeekränzchen, Wahlkampfmaschine und Aufgehen in der Kommunalpolitik, während zur gleichen Zeit viele ihrer Mitglieder enttäuscht darüber sind, keinerlei Einfluß auf die “große Politik” zu haben. Dabei werden politische Überzeugungen und Wahlentscheidungen in erster Linie durch Gespräche im Bekanntenkreis geformt. Auch haben viele Parteien eine schmerzhaft dünne Personaldecke. Eine funktionierende Basisstruktur könnte wichtig sein, da mögen die Parteizentralen noch so medienfixiert sein. Aber findet sich die Basis damit ab, sich auf Personalrekrutierung und “Meinungsbildungsservice” für die Mitbürger zu konzentrieren?
Bäume, Poller, Fußgängerzonen, Fahrradwege – Überall fordern wir dasselbe. Ob in Mannheim, Hamburg, Brüssel oder Ljubljana: Gibt es nur ein weltweites Modell für eine lebenswerte Stadt? Treiben wir die Amerikanisierung unserer Städte aus den 60er Jahren nicht nur mit einer anderen ebenso grausamen Vereinheitlichung aus?