MALTE WOYDT

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Waffenexporte

(FR)

… und jetzt jammern sie wieder, die Egoisten die vom Tod leben. Es gab einmal eine Zeit, da waren alle schockiert über einen gewissen Herrn Dutroux. Aber jener Herr hat noch nicht einmal zehn kleine Kinder getötet. Lächerlich. Seine Freunde von der FN (Fabrique National) sind da effizienter – sie leben vom Tod tausender Kinder, in Nepal und anderswo. Bleibt Euch treu, liebe Freunde! Entweder Ihr exportiert fröhlich Waffen in die großen Konfliktherde dieser Welt und Ihr setzt Dutroux auf freien Fuß oder Ihr hört mit dem einen auf und macht dem anderen den Prozeß. Mir sind Eure Arbeitsplätze in Herstal stinkegal, wie mir auch die Arbeitsplätze von Herrn Nihoul oder Frau Martin stinkegal sind. Zuerst das Leben, danach die Beschäftigung.

Malte Woydt, aus Anlaß der Diskussion über den Export von 5500 Maschinengewehren der FN nach Nepal.

08/02

09/10/2007 (10:04) Schlagworte: DE,Notizbuch ::

Exportation d’armes

(DE)

… et on les entend à nouveau ces égoistes qui vivent de la mort. Il fut un jour, tout le monde était choqué sur un certain M. Dutroux. Mais ce monsieur n’a même pas tué plus qu’une dizaine des enfants. Ridicule. Ces âmes soeur à la FN font mieux – ils vivent de la mort des milliers d’enfants, au Nepal et ailleurs. Restez cohérent chers amis! Soit vous exportez des armes dans les grands conflits du monde et vous mettez M.Dutroux en liberté toute suite – soit vous arrêtez les deux. Moi, je m’en fiche de votre emploi à Herstal, comme je m’en fiche de l’emploi de M. Nihoul ou Mme. Martin. D’abord la vie, après l’emploi.

Malte Woydt, à l’occasion du débat sur l’exportation de 5500 mitrailleuses de la FN en Népal.

08/02

09/10/2007 (10:03) Schlagworte: FR,Notizbuch ::

Tabu

“Tabu” nennen wir, was sich nach allgemeiner Ansicht in jahrelanger Erprobung bewährt hat, was Ausdruck reinster Vernunft ist, aber unseren eigenen egoistischen Interessen zuwiderläuft, die ihrerseits allgemeiner Vernunft Hohn sprechen.

Alle Welt sähe, daß unsere Forderungen dem Allgemeininteresse diametral entgegenstehen, daß sie völlig absurd sind. Wenn, ja wenn wir es nicht geschafft hätten, der Sache den Begriff “Tabu” aufzukleben. Mit dem Begriff “Tabu” mystifizieren wir die Sache, denn, was ein richtiges Tabu ist, kann ja nicht sein, was es scheint. Bei “Tabus” muß man die verborgene Wahrheit anderswo suchen als wo sie zu Tage liegt. Das kleine Wort “Tabu” zwingt uns zum Einreißen vernünftiger Einrichtungen, auch dann, wenn wir die versteckte Wahrheit hinter dem Schein gar nicht gefunden haben (weil sie nicht existiert). Niemand verstünde, warum die Sache irrational und unvernünftig sein soll – das braucht auch niemand mehr, die Etikettierung als “Tabu” reicht aus als Grund an sich…

Malte Woydt

Abb.: Julius Klinger: TABU (Tabu Antinicotin Cigarettenhülsen Cigarettenpapier, cigarette papers and filters company), 1919, Wikimedia, im Internet.

02/05

09/10/2007 (10:02) Schlagworte: DE,Notizbuch ::

Wie bekämpft man Rechtsextremismus?

Das intelligenteste Zitat zum Thema las ich bei Klaus Mann, der beschreibt (siehe hier), daß er Hitler widerlich und lächerlich gefunden hatte, Sprache und Inhalt der Nazi-Publikationen ihm hermetisch verschlossen gewesen waren, er demnach auch nicht im Geringsten hatte nachvollziehen können, was jemand an den Nazis finden konnte.

Das alles machte ihn völlig hilf- und wertlos als Antifaschisten. Wie will jemand, der sich in potentielle Nazis nicht hineindenken kann, jene davon überzeugen, sich den Nazis nicht anzuschließen?

Weitverbreitet ist die Methode, heutige Rechtsextreme als Nazis zu brandmarken. Das mag unter gefestigten Demokraten einen mobilisierenden Effekt haben (“nie wieder!”). Aber wie wirkt das auf potentielle Anhänger rechtsextremistischer Bewegungen und Ideen? Entweder sie sehen sich selber dem Nationalsozialismus nahe, dann können sie sich bestätigt fühlen, die richtige Partei gefunden zu haben. Oder die Verbrechen der Nazis lassen sie als historischen Plunder kalt, dann kann die “Nazi”-Etikettierung der netten rechtsextremen Politiker von nebenan sogar dazu führen, dieses positive Urteil gleich auch auf das Dritte Reich zu übertragen… Oder sie sehen die Etikettierung als Verleumdung eines unbequemen politischen Gegners, dem aus seiner Opferrolle geholfen werden muß. Alles keine wünschenswerten Ergebnisse :-)

Dasselbe gilt auch für Versuche, rechtsextreme Organisationen als “undemokratisch” zu brandmarken. Das kann nur Menschen schocken, die sich mit “Demokratie” identifizieren. Wie steht es aber mit Menschen, die den sich selbst “demokratisch” nennenden Parteien nun gerade frustriert den Rücken zudrehen? “Demokratie“, daß ist für sie identisch mit den verhaßten “demokratischen” Parteien. “Undemokratisch” wird zum Gütesiegel, wenn es verspricht, denen “etwas Neues” gegenüberzustellen!

Wir müßten lernen, uns in die Betroffenen hineinzudenken, nur das kann uns helfen, Gegenmittel zu finden. Nur daß Klaus Mann schon beschrieben hat, wie ihm genau das unmöglich war.

Was macht Rechtsextreme attraktiv?

Ihr Eintreten für Sauberkeit und Ordnung – auf der Straße wie in der Politik? Dann müßte man sie als korrupt, kriminell und dreckig entlarven. Nur daß das ja bereits das Bild ist, das ihre Anhänger von den anderen Parteien haben, muß man sie deshalb als noch korrupter, krimineller und dreckiger darstellen? Wo kommt man mit einer solchen Argumentation hin?

Ihr Engagement gegen Ausländer? Oft geht Antifaschismus gepaart mit Sympathiewerbung für Ausländer. Das kann zu Ergebnissen führen wie “Alle Türken sind soundso, nur Du nicht, Du bist ja mein Kumpel Ali!”. Ausländer sind weder per se schlechter noch besser als Einheimische. Diese Erfahrung muß aber jeder selber machen. Natürlich müssen die Leute auf andere (freundliche) Weise mit Ausländern in Kontakt kommen. Aber bis das über die “Du bist anders”-Schiene hinauskommt, kann es lange dauern.

Rechtsextreme haben sich eine eigene “Gegenöffentlichkeit” organisiert. Wer einmal in ihren Fängen ist, bekommt regelmäßig Post. Hier in Brüssel wird die Vlaams Blok-Propaganda sogar jahraus, jahrein an ALLE Haushalte verteilt. Die dort gemachten Behauptungen und Stellungnahmen müßten ebenso regelmäßig, ernsthaft, ausführlich und mit konkreten Beweisen widerlegt werden. Wir bräuchten eine Art “Schwarzen Kanal”…

Menschen formen sich ihre Meinungen im persönlichen Umfeld. Familiäre und Kollegenkontakte sind ausschlaggebend für die Art und Weise, wie Informationen, etwa aus dem Fernsehen, verarbeitet werden. Das heißt, daß es für Antifaschisten wichtig ist, im Gespräch mit Bekannten die Lieblingsthemen der Rechtsextremen ernsthaft und fundiert (!) zu diskutieren. Immer größer wird allerdings die Zahl der Menschen, die gar kein persönliches Umfeld mehr haben. Viele insbesondere ältere Menschen sitzen nur noch vor dem Fernseher. Dort bekommen sie ein von Kriminalität und Gewalt bestimmtes Bild der Wirklichkeit außerhalb ihrer vier Wände. Sie haben keine Bekannten (mehr), die das Bild abfedern könnten. Genau diese armen Menschen werden zur leichten Beute der Rechtsextremen. Das Problem ist noch gar nicht, sie mit Ausländern zusammenzubringen, sondern mit irgendjemand. Bei Leuten, die ihr Weltbild komplett aus der Dose beziehen, wird die Angst jeden Tag größer.

Siehe auch “Cordon sanitaire

Malte Woydt

06/04

09/10/2007 (10:02) Schlagworte: DE,Notizbuch ::

Parteigründungen

Na, das ist ja ulkig. Da sitze ich hier fröhlich in meinem gemütlichen kleinen Belgien, ignoriere monatelang, was da drüben in Deutschland geschieht, schaue zufällig mal wieder über die Grenze, und siehe da: Da sind die doch tatsächlich alle am Parteien gründen! (Siehe: www.initiative-asg.de, www.wahlalternative.de, www.elew.de…)

Geschähe das in einem Land ohne Fünfprozenthürde, könnte ich mir das ja als intellektuelle Fingerübung noch ganz amüsant vorstellen, aber in Deutschland? Fünf Prozent, das heißt 2-3 Millionen WählerInnen… Und schlußendlich wollen wir doch Mehrheiten gewinnen!

Ich habe den Eindruck, daß viele dieser Parteigründer ziemlich seltsame Vorstellungen von der Natur einer politischen Partei haben. Natürlich braucht man ein interessantes Programm (wer sich darunter ein typisch deutsch-linkes Theoriepapier von 80 Seiten vorstellt, hat von vorneherein verloren :-)), aber viel wichtiger ist doch erst einmal die soziale Basis: Welche soziale(n) Gruppe(n) soll(en) für die Partei stimmen, weil sie ihre Interessen durch diese Partei vertreten sieht/sehen?

Ich lese da von Gewerkschaftern, die sich angeblich massenweise nach einer Partei links von der SPD sehnen – wie das? Wo kommen die denn plötzlich her? Die Gewerkschafter saßen in der SPD doch immer am rechten Rand? Stichwort Kanalarbeiter? Vermutlich handelt es sich bei diesen “Gewerkschaftern” doch wohl nur wieder um die üblichen Verdächtigen der Achtziger Jahre: GEW + Betriebszellenarbeit leistende Altkommunisten? Seit wann stehen deutsche Gewerkschafter links?

Und wer erhofft, von den Grünen 5 Prozent zu erhaschen (was soll von den Grünen nach einer solchen Operation noch übrigbleiben? Wo kommt der Optimismus her, von außen das zu erreichen, was man von innen nicht hinbekommt: Den Kuhns, Fischers und Bütikofers einen neoliberalismuskritischen Dämpfer zu verpassen?), sollte sich doch zunächst einmal fragen, warum die Grünen eigentlich so weit nach rechts gewandert sind (womit es dann nur ein kleiner Schritt zu der Frage wäre, warum eigentlich das gesamte Parteiensystem so weit nach rechts gewandert ist, aber zu der Frage kommen wir später noch)? Die Grünen sind im Kern eine Generationenpartei, die Partei einer einzigen Generation von Akademikern, die links waren, als sie als Studenten mit wenig Geld auskommen mußten, und die genau in dem Tempo weiter nach rechts wandern, wie sich ihre Gehälter von Durchschnitt entfernen. Wer sagte da noch so schön “bei 2000 DM netto im Monat beginnt die Gegenaufklärung“? Die Grünen wandern politisch nach rechts, weil ihre Wähler das so wollen, weil ihre Wähler objektive Gründe dafür haben, sich zunehmend für die Probleme von Aktionären zu interessieren… :-)

Na, und die paar Hanseln, die die PDS im Westen abzugeben hätte, machen den Kohl auch nicht fett – zur Ost-PDS fragen sich die Parteigründer natürlich zu recht, was an denen links sein soll… Abgesehen davon, daß man mit K-Gruppen-Rhetorik nun wirklich keine deutschen Kleinbürger hinter ihrem Ofen hervorlockt. :-)

Schließlich sollte das Schicksal des Hamburger “Regenbogens” (Siehe www.regenbogen-hamburg.de) zu denken geben: Wenn eine linke Bewegung eine Chance hat durchzubrechen, dann in den Großstädten. Und wenn das in Hamburg schon so schlecht läuft…

Nach dieser kleinen Umfelderkundung die Preisfrage: Welche sozialen Gruppen, die zusammen fünf Prozent ausmachen, könnten für eine neue “globalisierungskritische” Partei gewonnen werden? Arbeitnehmer, die hoffen, daß nicht sie es sind, die von der nächsten Umstrukturierung getroffen werden? Kleinunternehmer, denen die Weltmarktkonkurrenz abhold ist (Chapeau gegenüber demjenigen, der es schaffte, deutschen Kleinunternehmern oder Landwirten so etwas wie eine Underdogidentität nach französischen Vorbild einzuimpfen!)? Arbeitslose, die sich nicht mehr einreden ließen, sie persönlich seien für ihre Lage verantwortlich (bisher haben Arbeitslose meines Wissens noch nie eine entscheidende Rolle bei gesellschaftlichen Veränderungen gespielt, die neigen eher zur Apathie)?

Ich halte diese ganze Parteigründerei für verlorene Liebesmüh und gigantische Energieverschwendung – allein schon sich selbst den Zwang aufzuerlegen, alle “globalisierungskritischen” Positionen unter einen Hut zu bringen!

Da halte ich es für viel sinnvoller, das Problem dort anzupacken, wo es steckt: Wir haben ein Parteienspektrum, das ausreichend von links nach rechts aufgefächert ist. Das Problem liegt nicht in einer fehlenden Partei im Angebot, sondern in der Bewegung nach rechts, die das gesamte Parteiensystem in den letzten 15-30 Jahren vollzogen hat.

So, und das rührt wiederum von der unheimlichen Anziehungskraft des neoliberalen Virus her. Der Neoliberalismus hat es geschafft, zuerst die Liberalen, dann die Christdemokraten, dann die Sozis und schließlich auch die Grünen zu infizieren. Was wir da brauchen, ist ein Gegengift samt Impfstoff. Und das darf nicht einfach nur neutralisieren, das muß echte Perspektiven und Alternativen aufzeigen. Attac und Konsorten sind doch bereits dabei. Sie müssen so oder so neue Bevölkerungsschichten für ihre Ideen gewinnen, und das geht mit den Altparteien vermutlich einfacher, als mit neuen. Statt sich endlos mit dem Aufbau von Parteistrukturen zu verzetteln (jaja, ich kenne meine linken Pappenheimer, die gar nichts anderes können, als Organisationsstrukturen zu erdenken, aber auf die sollte man gesellschaftliche Veränderungen nun wirklich nicht aufbauen wollen :-)), sollte weiterhin alle Kraft auf das Suchen von Alternativen und die dazugehörige Überzeugungsarbeit gesteckt werden. Was viele Menschen wollen, wird von populistischen Politikern à la Schröder doch sofort übernommen…

Malte Woydt

04/04

09/10/2007 (10:01) Schlagworte: DE,Notizbuch ::

Kinderwagens

Goeien Dag,

De lange reeks van lezersbrieven in uw en andere kranten over kinderwagens in het openbaar vervoer maken mij meer en meer woedend. Sinds 18 maanden ben ik nu vader en loop in Brussel en andere steden met zo’n ding rond.

Ik ben erg verbaasd over al die kindervijandelijkheid die uit de lezersbrieven maar ook de stellingen van de MIVB-voorzitter klingen.

Al de mensen, die zeggen, zelf als kind altijd in de armen van hun ouders door de wereld gedragen worden te zijn en dat kinderwagen voor niks zijn! Ik weet niet, voor wie al die kinderwagen zijn verkocht in de jaren vijftig en zestig? Ik was er in zo’n kinderwagen, als ik kind was. Hoe willen jullie urenlang een kind van rond 10 kilo op jullie armen dragen? Hoe willen jullie dan nog boodschappen doen of enkel en busticketje kopen?

Kleine kinderen hebben ook veel slaap nodig, en in een kinderwagen slapen ze heel goed. Overal in die weinige Europese steden, waar je principieel of ‘s avonds vooraan moet instijgen (op zich al een absurd maatregel die voor ellendige vertragingen en heel wat agressiviteit zorgt), kan je met een kinderwagen of en rolstoel achteraan instappen: Antwerpen, Hamburg, Stockholm, Marseille… Enkel in Brussel is dit onmogelijk. En het Brusselse openbaar vervoer heeft nu uitgerekend die busmodellen gekocht met het smalste doorgang achter de bestuurder!

Ik vind, recht te hebben op het openbaar vervoer, en mijn dochtertje ook. Ik weiger een rijbewijs te vragen, een auto te kopen en dan ook nog de zebra- en voetpaden te blokkeren zoals al zo velen, zonder dat er iemand wat tegen doet – probeer maar eens de Poststraat van Schaarbeek naar de Kruidtuin met een kinderwagen op het voetpad te wandelen …

En ga maar eens met de tram. In de oude modellen zijn enkel de deuren voorn en achteraan breed genoeg voor de kinderwagens. Eens ben ik uitgestapt, om aan en Afrikaanse vader, die vergeeflijk probeerde door de middendeur met een poussette in te stappen, te helpen het via de achterdeur te doen, als de chauffeur van de tram 90 de deuren slot om los te rijden. Enkel het protest van mijn vrouw (samen met ons kinderwagen binnen de tram) heeft hun van kunnen overtuigen de deuren nog eens open te zetten. “Des cons qui ne savent pas qu’au milieu, ce n’est pas assez large pour des poussettes, n’ont rien à faire dans mon tram”. Letterlijk. Maar meestal werkt het wel met de trams.

Maar er is niet enkel het openbaar vervoer. De brasserie “L’An Vert” in Schaarbeek heeft sinds een jaar een plakkertje aan de deur “verboden voor kinderwagens”. Als ik mij bezwaarde, zei die cafébaas, dat het enkel tegen Marokkaanse en Turkse kinderwagens was, en mijn blond dochtertje natuurlijk welkom was! En heel opmerkelijke redenering: Iedereen bezwaart zich over missende integratiebereidschap van de allochtonen, en dan kommen Turkse (!) vrouwen (!) in een Belgisch (!) café (!) hun koffie drinken, en worden uitgesloten. Sorry, maar DIT is asociaal.

Maar de meeste mensen glimlachen nog altijd als ze kleine kinderen zien, zeker in de Brusselse bussen. En ik heb zelfs van een Duitse moeder gehoord, dat de Brusselaars vriendelijker tegen kinderen zouden zijn dan in Stuttgart waar ze vandaan komt.

Malte Woydt, Lezersbrief aan Brussel Deze Week

12/03

09/10/2007 (10:00) Schlagworte: NL,Notizbuch ::

Habgier

Die Banken verschlechtern ihren Service von Tag zu Tag. Zuerst weigern sich die Schalterangestellten bestimmte Verrichtungen auszuführen, dann hängt man Schilder auf, daß Papierüberweisungen vortan 15 Tage brauchen. Dann werden die Öffnungszeiten meiner Filiale eingeschränkt. Dann “fusioniert” meine Filiale mit der bereits hoffnungslos überlasteten Nachbarfiliale. Usw. usf.

Dabei macht die Bank doch Riesengewinne! Warum also dieser Spar”zwang”? Gewinne machen reicht nicht mehr. Es muß schon ein bißchen mehr sein.

Da sitzen irgendwo Aktionäre (oder arme Amis, deren Rente von einem Pensionsfonds abhängt) und verlangen, daß die Renditen steigen und steigen und steigen. Die Globalisierung der Finanzmärkte führt dazu, daß von allen Wirtschaftssektoren aller Länder der Erde jetzt dieselben Renditen erwartet werden.

Einfach Gewinne machen reicht den Aktionären nicht mehr. Sie wollen immer mehr. Über den Aberwitz der Globalisierung, daß sie menschengemacht ist, und nichts weniger als ein Naturgesetz, wird zwar noch lange nicht genug aber doch immer öfter gesprochen und geschrieben. – Aber woher kommt diese plötzliche Habgier?

Na, daß sei doch die Natur des Kapitalismus, könnte darauf jemand antworten. Ja, stimmt, die alten Kapitalismustheorien haben endlich Recht. Hurra! Also anders gefragt: Warum hatten so viele simplizistische marxistische Theorien bisher nicht Recht? Die Furcht der Kapitalisten vor einem gewissen Gespenst ist natürlich nun nicht mehr da. Aber es hat sich auch unabhängig von den Veränderungen im Osten etwas getan.

Die Arbeiter wurden früher gebraucht, das gab ihnen Verhandlungsmacht. Und mit dieser Verhandlungsmacht haben sie Sozialsysteme erzwungen. Schließlich sahen die Kapitalisten, daß es gut ist, daß es auch für sie vorteilhafter ist, gewisse Zugeständnisse zu machen, wenn sie dafür keine Streiks mehr riskieren, die Mitarbeiter motivierter sind, und die sie umgebende Gesellschaft weniger feindlich wird. Man nannte das auch “Rheinischen Kapitalismus”.

Und heute? Heute haben die Erben derjenigen, die Linken immer ach so schnell vorwarfen, Klassenkampf zu betreiben, das Kriegsbeil ihrer Urgroßväter ausgebuddelt und selbst den Klassenkampf ausgerufen.
Ganz kurz vor der Kriegserklärung haben sie noch halbherzig versucht, ihre Truppen zu vergrößern, durch Mitarbeiteraktien, Volksaktien, Gewinnprämien und private Altersvorsorge. Sie haben mit dem Neoliberalismus eine aberwitzige Ideologie in die Welt gesetzt, die erklären soll, wie toll ihre Interessen mit dem Gemeinwohl zusammenpassen. Jetzt aber geht’s langsam ans Eingemachte.

Die “da oben” haben sich einseitig entsolidarisiert mit der sie umgebenden Gesellschaft. Bisher scheint ihnen das noch niemand persönlich übelzunehmen. Wenn aber (wie in den USA offenbar schon zu beobachten), die im 19. Jahrhundert von der Industrialisierung geschaffene Mittelklasse jetzt wieder abgeschafft wird, müßten wir uns doch auch von “denen” wieder desolidarisieren dürfen? Ich habe den Eindruck, daß wir schon bald dazu gezwungen sein könnten, uns zu entscheiden: Aktienbesitzende Arbeitnehmer oder zufällig nebenher noch arbeitende Aktionäre?
Es ist kein Zufall, daß Habgier von allen Religionen (mit Ausnahme vielleicht des Calvinismus?) als Sünde betrachtet wird. Habgier zerstört Gesellschaften. (Habgier – nicht “Besitzstandswahrung”…)

In welcher Gesellschaft wollen diese Gesellschaftszerstörer eigentlich selber leben? In wessen Gesellschaft? Sind Monaco und die Bahamas wirklich so aufregend, daß man es da auch ohne weitere Gesellschaft, ohne lebendiges Kulturleben etwa, auf Dauer aushalten kann? Sollten diese Herrschaften wirklich ein Atombunkerleben leben wollen?

Braucht uns das zu interessieren? Können wir uns nicht einfach ausklinken aus dem ganzen Aktiengedöns und unsere “echte” Wirtschaft von denen abkoppeln? Eine Wirtschaft, in der es normal ist, daß der Bäcker andere Gewinnmargen hat als der Autobauer? Die Habgierigen schießen wir solange auf den Mond.

Malte Woydt

09/04

09/10/2007 (10:00) Schlagworte: DE,Notizbuch ::

Carfree day

Now I have read this long list of ignorant comments, I am really getting angry.

Who is obstructing my mobility AS A PEDESTRIAN 365 days of the year? Cardrivers who park illegally on pedestrian sidewalks, cardrivers who park illegally on pedestrian crossings, cardrivers who ignore my priority on pedestrian crossings…

Who is obstructing my mobility AS A USER OF PUBLIC TRANSPORT 365 days of the year? Cardrivers blocking bus stops, cardrivers blocking bus lanes, cardrivers blocking tram beddings, cardrivers bypassing trams at the stop on the right side, while passengers get off the tram…

Who is obstructing my mobility AS A CYCLIST 365 days of the year? Cardrivers who open the door whithout looking back before, cardrivers who honk while I am trying to avoid car doors by riding in the middle of my lane, cardrivers who try to bypass me on MY lane (!), cardrivers who park on bicycle paths, cardrivers who ignore my priority at junctions …

And those cardrivers find it appropriate to be upset by ONE SINGLE carfree day per year (decided by other cardrivers in the European institutions – do not forget, that this is an EU initiative, which is only followed very late by Brussels now)?

Millions of people do all their daily ways without a car – how could somebody pretend that would be impossible one single sunday??

I invite everybody who is as upset as me viewing all these ignorant comments to join us at: www.placeovelo.collectifs.net

Malte Woydt, contribution to the forum of the magazine “Bulletin” on the 2002 European Carfree Day in Brussels

09/04

09/10/2007 (9:59) Schlagworte: EN,Notizbuch ::

Arbeitslosigkeit

Ich frage mich, ob die Politiker, die den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit auf ihre Fahnen schreiben, sich nicht im Ziel vergreifen. Schröder plakatierte “Arbeit. Arbeit. Arbeit.” und meinte damit Clintons (oder war es Blair?) Kampagne “Jobs. Jobs. Jobs.” ins Deutsche zu übertragen. Dabei meinen beide Slogans nicht dasselbe. Wer will schon Arbeit?

Arbeit ist Mittel zum Zweck, den Job zu behalten, der Job Mittel zum Zweck, ein Einkommen zu beziehen, ein Einkommen Mittel zum Zweck, ein angenehmes Leben führen zu können. Menschen, die es schaffen, sich ein angenehmes Leben ohne Einkommen oder Job zu organisieren, sind auch ohne Einkommen und Job zufrieden. Wobei sich die Geschichte natürlich nicht nur auf Geld beschränkt. Schließlich gibt die Arbeit einem auch das (gute) Gefühl, gebraucht zu werden, zu etwas nütze zu sein. Arbeit verschafft einem auch menschliche Kontakte, sowohl direkt am Arbeitsplatz als auch durch Einkommen und Ansehen, die sie einem verschafft.

Der Europäische Sozialfonds behauptet zwei Ziele gleichzeitig zu verfolgen: (1) Die Arbeitslosenstatistik möglichst klein zu bekommen, (2) Durch verlängerte Lebensarbeitszeit die Rentenkassen zu entlasten. Das ist Technokratengrütze, hat mit den Wünschen der Bürger nichts zu tun. Warum soll man bitte den fröhlichen Frührentner dazu zwingen, länger zu arbeiten, solange andere Menschen händeringend Arbeit suchen? Und warum sollte man einen Arbeitslosen, dem wohl in seiner Haut ist, dazu zwingen, einen Job anzunehmen?

Man könnte ja auch vom Einzelnen ausgehen. Das französische Schlagwort von der “Sozialen Ausgrenzung” kommt der Sache viel näher. Menschen sind einsam, Menschen sind arm, Menschen sind hoffnungslos. Das kann verschiedene Gründe haben, Arbeitslosigkeit kann einer davon sein.

Viele Menschen stecken in Problemen, aus denen sie aus eigener Kraft nicht herauskommen. Deswegen muß man ihnen helfen. Das ganze Problem läßt sich auf zwei Elemente reduzieren, ein individuelles und ein kollektives: Selbstvertrauen und gesamtwirtschaftliche Entwicklung.

Es ist Blödsinn, Arbeitslose in die Selbstständigkeit zu drängen. Wer Unternehmergeist hat, findet auch einen Arbeitsplatz – oder lebt in einer Gegend, deren gesamtwirtschaftliche Lage weder Platz für Arbeitssuchende noch für Jungunternehmer hat (und ihn vielleicht aufgrund natürlicher Standortnachteile in den kommenden Jahrzehnten auch nicht kreieren wird).

Wir haben unsere Arbeitsplätze für Menschen mit niedrigem Ausbildungsstand nach Südostasien exportiert und wundern uns jetzt, daß sie bei uns keine Jobs mehr finden. Bildungsoffensiven und Fortbildungsangebote sind wichtig, und können den Menschen helfen, ihr persönliches Potential besser auszuschöpfen. Aber das hilft nicht jedem. Es ist kein Zufall, daß Behindertenwerkstätten boomen – Sie nehmen die Leute auf, die früher als Schauerleute im Hafen Säcke geschleppt haben.

Malte Woydt

Abb.: Boris Drucker, The New Yorker, 12.2.1972.

 

08/02

09/10/2007 (9:59) Schlagworte: DE,Notizbuch ::

Achtundsechziger 1

Jaaa, die über Dreißigjährigen. Sind das nicht die, von denen es einmal hieß, man solle ihnen nicht trauen? Natürlich hat Achim Schmollen in Vielem Recht, wenn er sich in der ZEIT (“Wir sind besser als die Alten”, 7.3.1997) über die Achtundsechziger beklagt. Aber ist er denn so anders? Er scheint zumindest eines mit ihnen gemeinsam zu haben: Man selbst gehört immer per definitionem der jüngstmöglichen Generation an.

Aber kurz noch ein Wort zu den Achtundsechzigern: Mir sind sie ja in zweierlei Form begegnet. Zunächst einmal als Lehrer in der Schule. Die hatten es in meiner Popper-dominierten Umgebung in den Achtzigern ziemlich schwer. Weniger, weil sie ihre Ideale unter den Schülern nicht wiederfanden. Vielmehr, weil sie nicht einsehen wollten, daß sie älter geworden waren, und uns inzwischen mit Notengewalt gegenüberstanden. Es ist unheimlich schwer, einem Über-Vierzigjährigen zu erklären, daß er “der Jugend” nicht mehr angehört, mag er nun noch so sehr “Vertrauenslehrer” sein, und soviele coole Sprüche draufhaben, wie er will.

Der zweite Kontakt zu Achtundsechzigern stellt sich unweigerlich ein, wenn man beginnt, sich politisch zu engagieren. Ich nehme ihnen ja nicht übel, daß sie von den alten Zeiten schwärmen wie Kriegsteilnehmer oder Spanienkämpfer vor ihnen. Ich denke, das wird jede Generation tun.

Da ist es schon nerviger, wenn Ältere ständig an uns Jüngeren herummäkeln, uns fehle der richtige Drive. Eine gewisse Zeit habe ich das ja sogar geglaubt. Inzwischen glaube ich eher, die politisch Engagierten waren immer eine kleine Minderheit und werden es auch bleiben. Wenn heute die große Mehrzahl der Studenten Studiengebühren etcetera ruhig hinnimmt, sollte man dabei allerdings nicht vergessen, daß immer noch mehr Leute protestieren, als damals überhaupt zur Uni gehen durften.

Damit wären wir dann auch schon bei dem, was mich am meisten an den “Achtundsechzigern” ärgert. Schließlich haben sie ja erst den massiven Ausbau der Universitäten bewirkt. Das ewige Gejammere über Angepaßtheiten, über den mißlungenen Marsch durch die Institutionen, über die offenbar unendliche Zahl von Niederlagen liegt wie dichter Nebel über der Geschichte. Erst historische Studien helfen einem aus meiner Generation zu verstehen, was “68” bewirkt hat. Die frühen 60er Jahre sind für uns ähnlich weit entfernt wie die Kaiserzeit. Genausowenig, wie wir uns kaisertreuen Hurrahpatriotismus vorstellen können, können wir uns die dumpfe Spießigkeit eines Deutschlands der 50er und 60er Jahre vorstellen.

Mein persönlicher Eindruck von den 68ern ist, daß sie Westdeutschland den Anschluß an den Westen verschafft haben. Dieses Land, daß seine “Kultur” immer als Gegensatz zur westlichen “Zivilisation” verstand, dieses Land hat sich in den siebziger Jahren in unglaublicher Weise modernisiert. “Mitteleuropa” ist für heutige Jugendliche aus Westdeutschland völlig unfaßbar. Wenn überhaupt, dann ist das ein Begriff, den Polen, Tschechen und Ungarn für sich benutzen.

Auch die nachfolgenden “Sozialen Bewegungen” haben dieses Land geprägt. In meiner Abiturklasse mußten sich die angehenden Wehrdienstleistenden rechtfertigen, warum sie diesen Drückebergerjob bei der Bundeswehr machten. Schließlich war allen klar, daß Arbeit mit Behinderten oder Körperpflege bei alten Damen einen mehr mitnehmen als in einer Kaserne Skat zu kloppen. Die einzig akzeptable Begründung war, daß es auf die Weise halt schneller ‘rum sei. Daß das vor der Friedensbewegung anders war, konnte man in den Leitfäden für Kriegsdienstverweigerer nachlesen, die allesamt in den engagierten Siebzigern geschrieben worden waren.

An die Achtundsechziger habe ich somit eigentlich nur eine Bitte: Vergleicht Eure Erfolge nicht immer nur mit Euren Zielen. Die habt Ihr sicherlich nicht erreicht. Vergleicht sie einfach mit den Zuständen, von denen Ihr ausgegangen seid. Dann waren die Erfolge gar nicht so klein, und ihr könnt das Jammern ein für alle Mal lassen. …

Malte Woydt, Replik auf einen ZEIT-Artikel

03/97

09/10/2007 (9:58) Schlagworte: DE,Notizbuch ::
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