MALTE WOYDT

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Geloofwaardigheid

“‘Vroeger kregen we al ons nieuws van een paar selecte media. In de VS waren er maar drie nationale televisienetwerken en las je maar één krant. Nu zijn er miljoenen websites, duizenden radiostations en honderden televisiezenders. Uit dat media-aanbod kiezen we onze feiten gebaseerd op onze eigen overtuiging. We hebben de objectieve werkelijkheid verloren en zijn terechtgekomen in een postmoderne wereld war we allemaal onze eigen realiteit bij elkaar plakken uit de stortvloed van informatie.’ …

[De VS zijn] … de grootste mediamarkt ter wereld en het is de laatste jaren ook steeds meer politiek gepolariseerd geraakt. De scheidslijn tussen progressief en conservatief, Democraat en Republikein, is er sinds de Clintonjaren steeds verhard.

Ideologisch gekleurde media zijn er steeds gewest, maaar nieuw is dat beide blokken met de opkomst van de nieuwe media steeds meer geisoleerd zijn geraakt van elkaar …

Verschillende groepen hebben niet meer alleen hun eigen mening over de realiteit, maar steeds meer ook hun eigen realiteit an sich. Objectieve feiten doen er steeds minder toe. …

‘Een van de problemen is net dat er geen mainstream meer bestáát. The New York Times heeft een oplage van iets meer dan een miljoen en [een?] miljoen onlinelezers. Dat klinkt als een boel, maar vergeleken bij de 300 miljoen mensen in het land is dat niets. De journals van ABC, CBS en NBC – de grote Amerikaanse zenders dus – trekken elk zes à zeven miljoen kijkers. De talkshow van Bill O’reilly op Fox News heet populair, maar toch heeft hij maar twee miljoen kijkers. Dat zijn geen media die iedereen gebruikt en vertrouwt.’

Terwijl de oude huizen van vertrouwen afkalfden, zijn er steeds meer nichemedia opgedoken die elk hun eigen mikropubliek bedienen. …

Voor de democratie is het nieuwe medialandschap ondertussen geen zegen, stelt Manjoo, ‘We krijgen steeds meer problemen om beleid te formuleren. De VS hebben geen noemenswaardig klimaatbeleid omdat een groot aantal mensen simpelweg weigeren om de feiten te geloven. Als we niet eens kunnen overeenkomen over wat de realiteit is, wordt het heel moeilijk om doeltreffend aan politiek te doen.'”

aus: Farhad Manjoo in interview met Tom Vandyck, De Morgen, 9.5.2008.

05/08

10/05/2008 (23:16) Schlagworte: Lesebuch,NL ::

Soldateneid

“Ich habe während des ganzen Krieges unter den Mannschaften, bei denen ich mich befand, keinen einzigen Soldaten getroffen, der jemals ein Wort über den Eid verloren hätte. …

Ich selbst habe den Eid an einem strahlend sonnigen Märzmorgen des Jahres 1940 auf den Hof einer Kaserne bei Rastatt geschworen. Im zweiten Glied der ausgetretenen Ausbildungskompagnie stehend, sprach ich, zusammen mit den anderen, in Absätzen und mit rechtwinklig erhobener Schwurhand den Text nach:

‘Ich schwöre bei Gott diesen heiligen Eid, daß ich dem Führer des deutschen Reiches und Volkes, Adolf Hitler, dem obersten Befehlshaber der Wehrmacht, unbedingten Gehorsam leisten und als tapferer Soldat bereit sein will, jederzeit für diesen Eid mein Leben einzusetzen.’

Während ich, ohne die Miene zu verziehen, diese Worte sprach, mußte ich in meinem Inneren über den plumpen Versuch der Kanalratte, mich an sie zu binden, lächeln. Schon die einfachste aller möglichen Überlegungen enthüllt ja die Absurdität dieses Eides. …

Der Eid wurde … unter Zwang geleistet. Auf seine Verweigerung stand der Tod. Er war damit null und nichtig. … Der Ungläubige kann die Worte der Eidesformel sprechen, ohne daß dieser Vorgang mehr berührt als Lippen und Zunge. Der Gläubige weiß, daß der Eid ihn im äußersten Sinne an Gott bindet. … Der Schwur setzt die Freiheit des Schwörenden voraus. Der Eid ist ein religiöser Akt, oder er ist sinnlos.

Die meisten deutschen Soldaten aber glaubten nicht an Gott, oder sie waren religiös indifferent, in der Art, daß sie, außer in den Stunden der fernsten Einsamkeit oder der Todesnähe, nicht darüber nachdachten, ob sie an Gott glauben sollten oder nicht. Aus diesem Grund war die Mehrheit der deutschen Soldaten überhaupt nicht eidesfähig.

Nicht eidesfähig war ferner ihr Führer, da er Gott leugnete und alle religiösen Regungen verfolgen ließ, weil sie dazu anregten, seine Person im Denken der Menschen auf das rechte Maß zurückzuführen. …

Aus dem in Freiheit geleisteten religiösen Akt des Eides, dem Rütli-Schwur freier Kämpfer, wurde ein Schamanen-Zauber, von Gepreßten zelebriert, in die Leere der Kasernenhöfe hineingesprochen und nicht einmal widerhallend von den Wänden eines gestorbenen Glaubens.”

aus: Alfred Andersch: Der Eid. In: Wagenbach, Klaus: Lesebuch. Deutsche Literatur zwischen 1945 und 1959. Berlin: Wagenbach 1980, S.87-89.

05/08

06/05/2008 (13:05) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

Kleinbürger 2

“Als sie Kinder waren,
besaßen sie sich und sonst nichts.
Dann verkauften sie sich,
um zu besitzen:
Nahrung und Nachkommen,
ein angenehmes Leben und ein Vaterland.
Sie erstanden das Recht,
ihre Kraft zu vergeuden für einen Broterwerb,
ihre Zeit zu vergeuden für einen Schrebergarten,
ihre Einfalt zu vergeuden für eine Meinung,
ihr Leben zu vergeuden für ein Ansehen.

Ihr Broterwerb blieb ungenügend.
Ihr Schrebergarten verschandelte die Erde.
Ihre Meinung beleidigte die Nachkommen.
Ein Ansehen erreichten sie nie.

Als sie starben, starben sie häßlich,
linkisch, unbedeutend und unbefriedigt.
Für ein fröhliches Aus-der-Welt-Gehen
besaßen sie nichts.
Alles, was sie besessen hatten, als sie gekommen waren,
hatten sie aufgebraucht bei Ihren Bemühungen
um den Besitz.”

Heinz Kahlau: An Kleinbürgergräbern. In: Wagenbach, Klaus (Hg.): Lesebuch. Deutsche Literatur zwischen 1945 und 1959. Berlin: Wagenbach, S.147/148.

Abb.: Edward Hopper: High Noon, 1949, hier Wikimedia im Internet.

04/08

06/05/2008 (12:40) Schlagworte: DE,Lesebuch ::