Fortschritt 2
“Der Fortschritt hat seine Nachteile; von Zeit zu Zeit explodiert er.”
aus: Elias Canetti: Aufzeichnungen 1942-1948, München: dtv 1969, S.76.
Abb.: Hudi Alfa: Two Side of Story, 2019, gallery1819, im Internet.
04/11
MALTE WOYDT |
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“Der Fortschritt hat seine Nachteile; von Zeit zu Zeit explodiert er.”
aus: Elias Canetti: Aufzeichnungen 1942-1948, München: dtv 1969, S.76.
Abb.: Hudi Alfa: Two Side of Story, 2019, gallery1819, im Internet.
04/11
“Die psychoanalytische Verseuchung hatte Fortschritte gemacht … zu jener Zeit [konnte] in Gesprächen nichts gesagt werden …, ohne daß es durch die Motive, die dafür sofort bei der Hand waren, entkräftet wurde. Daß für alles dieselben Motive gefunden wurde, die unsägliche Langeweile, die sich von ihnen verbreitete, die Sterilität, die daraus resultierte, schien wenige zu stören. Die erstaunlichsten Dinge spielten sich ab in der Welt, aber es war immer der gleiche, öde Hintergrund, vor den man sie stellte, von diesem sprach man und hielt sie für erklärt und sie waren nicht mehr erstaunlich. Wo das Denken einsetzen sollte, quakte ein vorlauter Chor von Fröschen.”
aus: Elias Canetti: Das Augenspiel. Lebensgeschichte 1931-1937, München/Wien: Hanser 1985, S.158/159
04/11
“Persönliche Probleme sind wunderlich verschnürte Pakete, in denen man ein vermeintliches Selbst verkauft. Eine Ware, von der man nicht merkt, wie aus ihr Kapital geschlagen wird. … Eigene Probleme. Wo sitzen die, wenn wir, durch uns hindurchstoßend, in eine tiefe Ungefülltheit brechen, eine großmächtige Leere, von Krümmungen und Verheißungen umflossen, als wären wir dort, im Verstecktesten, durchsichtig geworden auf die Welt. Als wäre dort von uns nichts mehr übrig als nur eine Öffnung, von Herausforderungen durchzittert, tausend eingestreute Felder sind wir, von Fäden durchlaufen, die zueinander gelangen wollen. Dieses Irrlichtern der Fäden, wenn die Zeit stockt, wenn wir ganz Horchen sind und ganz Gewalt”
aus: Gertrud Leutenegger: Vorabend. Gütersloh: Bertelsmann, o.J. [1975], S.15/16
Abb.: Andrik Musfalri: Depresi, 2018, indoartnow, im Internet.
04/11
“Jalousien sollten bei Demonstrationen verboten sein. Besonders geschlossene. Die sind einfach eine blanke Provokation. Wie soll man herrlich überzeugt in einen Sprechchor einstimmen, wenn nur dreißig Meter über dem eigenen Kopf geschlossene Jalousien hangen, jeden Ruf abprallend, undurchsichtig, dich in Zweifel stürzend mit ihrem arroganten Unbeteiligtsein, mit diesem kleinen nahen, auf einmal so wichtig werdenden Raum, den sie dir vorenthalten. …”
aus: Gertrud Leutenegger: Vorabend. Gütersloh: Bertelsmann, o.J. [1975], S.8
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