Kunst 1
“… um sagen zu können, daß ein Maler schlecht ist, muß man eine Idee von der Kunst haben …
Wir sind es gewohnt, als Kunstwerke jene Objekte zu nehmen, die a) uns einerseits zwingen, ihre Machart zu bedenken, und die b) uns andererseits unruhig werden lassen, da es gar nicht so sicher ist, ob sie wirklich nur das ‘sagen wolllen’, was sie zu ‘sagen’ scheinen. In diesem Sinne … [bezeichnet] ‘Ambiguität’ … ein Phänomen wie ‘Sinnüberschuß’ … Das Werk ist da, ein Bild, ein Gedicht, ein Roman, es scheint uns zu sagen, es gebe da irgendwo eine Frau, eine Blume, einen Hügel, von dem aus man andere Hügel sieht, einen Dichter, der eine engelhafte Gestalt liebt, und doch spüren wir, daß es nicht nur dieses sagt, sondern noch etwas mehr suggeriert (und manchmal genau das Gegenteil dessen, was es zu sagen scheint).”
Umberto Eco: Über schlechte Malerei. In: ders.: Über Spiegel und andere Phänomene. Deutsch von Burkhart Kroeber, München: dtv, 1988 (It. Erstveröff. 1984), S.105
Abb.: Daniel Buren, Manifestation, Mönchengladbach, 1971, im Internet, hier Ausschnitt.
10/02