Intellektuelle
“Gegen die systematische Verwechslung von Meinungsbildung mit Informationsverarbeitung anzusprechen, wäre eigentlich die wichtigste Aufgabe der Intellektuellen. Das setzt allerdings Sachkenntnisse voraus. Sachkenntnis ist aber ein knappes und sehr teures Gut. Sie verlangt hohe Investitionen an Zeit und Kraft, die sich allenfalls langfristig “rechnen”. Speziell die Medienintellektuellen ohne institutionelle Verankerung, die nun einmal darauf angewiesen sind, ihr Einkommen durch regelmäßiges Meinen zu verdienen, können sich selbsterworbene Kenntnisse häufig nicht leisten. Es kommt zur Flucht in die Kolportage fremden Wissens. Auf diese Weise funktioniert der Marktintellektuelle, der eigentlich die Aufgabe hätte, auf der Grundlage erworbenen Wissens zu problematisieren (anstatt zu vereinfachen) und Komplexitäten aufzubauen (anstatt sie zu reduzieren) bloß noch als Sortiermaschine im öffentlichen ‘Diskurs‘.”
Bruno Preisendörfer: Das große Schlingern auf dem Meinungsmeer. Tagesspiegel, 29. April 1999. Quelle im Internet.
Abb.: Werbung, im Internet.