MALTE WOYDT

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Scham, Schuld und Schande

“Das Gefühl der ‘Schuld’ entsteht, wenn Menschen sich den Vorstoß gegen von ihnen selbst gesetzte oder akzeptierte moralische Normen zurechnen oder zurechnen müssen. Damit … [erhält] das Gefühl der Schuld … seinen Sinn nur durch die Unterstellung [eigenverantwortlichen Handelns]. …

Ob Menschen Schuld empfinden oder nicht, hängt demnach von ihnen selbst und ihrem moralischen Wissen ab und tritt unabhängig davon ein, ob die Zuwiderhandlung gegen eine akzeptierte Norm überhaupt bekannt und öffentlich geworden ist.

Anders die Schande. Sie ist die subjektiv empfundene, öffentlich wahrgenommene, eine Verurteilung beinhaltende Reaktion auf das zurechenbare Verletzen einer akzeptierten Norm. Dabei kann sich die Schande, die jemand verursacht oder anders über eine Gruppe von Menschen gebracht hat, so daß diese Schande empfinden, sowohl auf Schuld als auch auf Scham beziehen.

Scham als das Empfinden eines grundsätzlichen Zerbrechens für wichtig gehaltener Normen ist keineswegs an die Erfahrung selbst zu verantwortender Schuld gebunden. Der Scham ist vielmehr eigentümlich, daß sie einerseits auch dann empfunden werden kann, wenn gar keine intersubjektiv akzeptierten, wesentlichen moralischen Normen verletzt worden sind, sie andererseits aber auch dann auftritt, wenn derartige Normen zwar verletzt worden sind, aber nicht von uns selbst. … Scham vermögen und müssen wir … [auch] dann empfinden, wenn … andere, dritte und vierte Personen, denen wir uns in irgendeiner Weise zugehörig fühlen, als basal angesehene Normen verletzt haben.”

aus: Micha Brumlik: Bildung zum Glück. Versuch einer Theorie der Tugenden. Berlin/Wien: Philpo 2002, S.75/76.

Abb.: Alfred Leslie: I have the other idea about guilt, 1967, im Internet.

02/06

08/10/2007 (21:56) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

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