MALTE WOYDT

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035) Nachtwächterstaat?

Wie ist es wohl gekommen, daß man von einem “liberalen Nachtwächterstaat” spricht als einem Staat, der nichts regelt und außer einem Nachtwächter fast ohne Beamten auskommt? Schließlich war es die Aufgabe des Nachtwächters alle einzusperren, die das ganzjährige nächtliche Ausgehverbot mißachteten. Um sechs wurden die Stadttore dichtgemacht, alle Gewerbe und Kneipen geschlossen und niemand durfte mehr aus dem Haus. Auch durfte niemand einen anderen Beruf als den seines Vaters lernen und ausüben. Heiraten durfte nur, wer ein regelmäßiges Einkommen nachweisen konnte und wer auf dem Land wohnte durfte es nur, wenn der Grundherr einverstanden war…

01/11/2002 (15:50) Schlagworte: DE,Fragen ::

5 Responses to “035) Nachtwächterstaat?”

  1. christoph Says:

    Der Staat sollte “Nachtwaechterstaat” sein, d.h. er sollte die Gesellschaft vor Angriffen aeusserer Feinde schuetzen und im Innern Recht und Ordnung gewaehrleisten. Eingriffe in die Wirtschaft, also Wirtschafts- und Sozialpolitik, sollte der Staat nicht betreiben.

  2. malte Says:

    Hihi, es gibt sie tatsächlich, die hartgesottenen Wirtschaftsliberalen, und sie lesen sogar meine Homepage!

    Interessant wäre noch zu wissen, ob Wirtschafts- und Sozialpolitik denn nun überhaupt nicht, oder nur von jemand anders als dem Staat betrieben werden sollte – wie früher hier in Belgien großteils von den Sozialpartnern? Aber die Reaktion geht sowieso leider an meiner Frage vorbei, mich wundert ja gerade das Paradox, daß der “Nachtwächterstaat”, in dem historisch die Wirtschaft so geknebelt war wie seitdem nie wieder, ausgerechnet als Schlagwort für Wirtschaftsliberale dienen kann?

  3. christoph Says:

    ok malte, da ich ja wirklich an deiner frage vorbeigeantwortet habe und das erst später bemerkte (reizüberflutetes-zu-schnell-lesen…) hier der versuch einer richtigen antwort… wenigstens, der versuch zu erklären, woher der name kommt… ist nicht vollständig gesichert, aber geht wahrscheinlich auf den dt. politiker und publizisten Ferdinand Lasalle (1825-1864) => siehe dt. Arbeiterbewegung zurück, der diesen Begriff ironisch benutzte…. Nachtwächterstaat = staat, dessen funktionen nach dem klassischen liberalismus auf dem bloßen schutz der person und des eigentums beschränkt sein sollte… mehr ist nicht in erfahrung zu bringen… jedenfalls nicht von mir. ich hoffe damit wieder ein wenig für meine restauration, wie reputation getan zu haben…

  4. malte Says:

    Äußerst interessant. Das ist ja doll, Ferdinand Lasalle, Gründer der SPD, als Urheber des Nachwächterstaates?

  5. michael Says:

    Der Nachtwächterstaat ist vielleicht gerade dadurch entstanden, weil wenig Steuern gezahlt wurden (‘schlanker Staat’)! Staatliche Dienstleistungen wie Schwimmbäder, Bibliotheken, Parks, Spielplätze, Kindergärten etc. kosten viel Geld (Steuergeld). Das Erstellen unsinniger Vorschriften kostet hingegen kaum etwas und geht schnell.