Faschismus
“Faschismus ist im Kern ein Regelwerk für den Kampf. Jeder ideologische Quadratzentimeter des Faschismus, die Helden- und Führerverehrung, die Anbetung der Stärke, der damit einhergehende Hass auf alles Schwache, die Übervereinfachung der Welt, der oft antiintellektuelle Irrationalismus, die Ablehnung der Vielfalt, Meinungspluralität und -freiheit, der Nationalismus, der Traditionenkult und so fort: Faschismus verwandelt eine Gesellschaft in eine Kampfmaschine. …
Der Kampf des heutigen, modernen Faschismus gilt einem vermeintlichen Feind im Innern, nämlich der freien, vielfältigen und offenen Gesellschaft. Also dem präzisen Gegenteil des rassistischen, antisemitischen Patriarchats. Dessen Wiedererrichtung ist das Ziel der heutigen faschistischen Bewegungen. …
Italien war in Europa sehr früh und heftig von der Coronapandemie betroffen, … [weshalb] zeitweise sehr harte Coronamaßnahmen ergriffen wurden, unter denen wiederum die Gesellschaft sehr litt. …
Viele Maßnahmen-Gegner taumelten … zwischen Coronaleugnung, Impfgegnerschaft und Verschwörungstheorie umher. Dann tat sich ein für manche verlockendes Angebot auf, das direkt auf dem faschistischen Hass auf Schwache basierte. Die Abschaffung aller Maßnahmen hätte schließlich ‘nur’ die Schwachen getroffen. Plötzlich entstand eine Coronaquerfront aus Bürgerlichen und Faschisten, die … sich darin trafen, dass sie für die Wiederherstellung ihres eigenen, normalen Alltags das Leben von Schwächeren zu opfern bereit waren. Die ‘Stärkung’ des ‘Volkes’ durch ‘Entfernung’ der Schwachen …”
aus: Sascha Lobo: Das Land ist hoffnungsvoll verloren, Spiegel online, 28.9.22, im Internet
09/22
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