MALTE WOYDT

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Deutscher Geist

“Die deutsche Revolution wird darum nicht milder und sanfter ausfallen, weil die Kantesche Kritik, der Fichtesche Transzendentalidealismus und gar die Naturphilosophie derselben vorausging. …

Es werden Kantianer zum Vorschein kommen, die auch in der Erscheinungswelt von keiner Pietät etwas wissen wollen, und erbarmungslos, mit Schwert und Beil, den Boden unseres europäischen Lebens durchwühlen, um auch die letzten Wurzeln der Vergangenheit auszurotten.

Es werden bewaffnete Fichteaner auf den Schauplatz treten, die in ihrem Willensfanatismus, weder durch Furcht noch durch Eigennutz zu bändigen sind; denn sie leben im Geiste, sie trotzen der Materie …

Doch noch schrecklicher als alles wären Naturphilosophen, die … sich mit dem Zerstörungswerk selbst identifizieren würden. Denn wenn die Hand des Kantianers stark und sicher zuschlägt, weil sein Herz von keiner traditionellen Ehrfurcht bewegt wird; wenn der Fichteaner mutvoll jeder Gefahr trotzt, weil sie für ihn in der Realität gar nicht existiert: so wird der Naturphilosoph dadurch furchtbar sein, daß … er die dämonischen Kräfte des altgermanischen Pantheismus beschwören kann, und daß alsdann in ihm jene Kampflust erwacht, … die nicht kämpft um zu vernichten, noch um zu siegen, sondern bloß um zu kämpfen. …

Der Gedanke geht der Tat voraus, wie der Blitz dem Donner. Der deutsche Donner ist freilich auch ein Deutscher und ist nicht sehr gelenkig und kommt etwas langsam herangerollt; aber kommen wird er, und wenn Ihr es einst krachen hört, wie es noch niemals in der Weltgeschichte gekracht hat, so wißt: der deutsche Donner hat endlich sein Ziel erreicht. …

Es wird ein Stück aufgeführt werden in Deutschland, wogegen die französische Revolution nur wie eine harmlose Idylle erscheinen möchte. …

Ihr habt von dem befreiten Deutschland mehr zu fürchten, als von der ganzen heiligen Allianz mitsamt allen Kroaten und Kosaken. … Wir … vergessen nichts. … wenn wir mal Lust bekommen mit Euch anzubinden, so wird es uns nicht an triftigen Gründen fehlen.”

aus: Heinrich Heine: Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland (1835), hier in: Heines Werke in fünf Bänden, Weimar: Volksverlag 1962, Bd.5, S.139-142, auch im Internet Externer link-symbol

Abb.: Wilhelm Busch: Max und  Moritz, im Internet.

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21/10/2022 (12:12) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

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