MALTE WOYDT

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Psychoanalyse 1

Psychoanalyse ist jene Geisteskrankheit, für deren Therapie sie sich hält.

Psychoanalyse ist mehr eine Leidenschaft als eine Wissenschaft: weil ihr die ruhige Hand bei der Untersuchung fehlt, ja weil dieser Mangel die einzige Fähigkeit zur Psychoanalyse ausmacht. Der Psychoanalytiker liebt und haßt sein Objekt, neidet ihm Freiheit oder Kraft und führt diese auf seine eigenen Defekte zurück. (…) Psychoanalyse ist ein Racheakt, durch den die Inferiorität sich Haltung, wenn nicht Überlegenheit verschafft und die Disharmonie aufs gleiche zu kommen sucht. Arzt sein ist mehr als Patient sein und darum sucht heute jeder Flachkopf jedes Genie zu behandeln. Die Krankheit ist hier das, was dem Arzte fehlt. Wie er sich immer anstelle, er wird zur Erklärung des Genies nichts weiter vorbringen, als den Beweis, daß er es nicht hat. Da aber das Genie eine Erklärung nicht braucht und eine, die die Mittelmäßigkeit, gegen das Genie verteidigt, vom Übel ist, so bleibt der Psychoanalyse nur eine einzige Rechtfertigung ihres Daseins: sie läßt sich mit genauer Not zur Entlarvung der Psychoanalyse anwenden.

(…) Den Weg zurück ins Kinderland möchte ich nach reiflicher Überlegung doch lieber mit Jean Paul als mit S.Freud machen.”

aus: Karl Kraus: Auswahl aus dem Werk. München: Kösel, 1957, S.48

08/09

29/08/2009 (22:44) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

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