Symbolische Politik
“Symbolische Politik … mag für komplexe Gesellschaften, die von der Medienkultur zusammengehalten werden, äußerlich funktional sein. Sie ist es aber nicht für die Demokratie. Die Massenloyalität, die sie erzeugt, ist eine Oberfläche. Unter ihr, im Kern der Sache, führt sie zu nichts als Orientierungsverlust, Distanz, Resignation. Das geht, zynisch gesehen, immer mal eine Weile gut. …
Aber wenn das unterlassene Handeln zu Einbrüchen in ihre Lebenswelt führt, die sich nicht mehr wegschminken lassen, wenn überraschende Gefahren und Risiken für Leib und Leben offenbar machen, daß der Orientierungsschein ein Trug war, wenn schließlich Vertrauen gefragt ist, weil Krisen drohen, wird der Preis … fällig. … Politische Kultur in der Demokratie ist nämlich nicht nur ein schöner Schein, der zur Demokratie noch hinzukommen muß, damit das Bild stimmt. Sie ist die Sache selbst. Partizipation, Vertrauen, wahrhaftige Kommunikation, Toleranz, Offenheit, Streit und Konsens.”
aus: Thomas Meyer: Die Inszenierung des Scheins. Frankfurt(Main): Suhrkamp 1992, S.190