MALTE WOYDT

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Besonnenheit

“Die Besonnenheit (temperantia) … ist die Zügelung des an sich Ungezügelten. Sie ist das innere Engagement, das doch vor dem Handeln zurückschreckt und im Beobachten eine Erfüllung sucht, die dieses im Grunde nicht geben kann. …
Das engagierte Beobachten beruht … auf einer inneren Beteiligung, die der der Handelnden an Intensität nicht nachsteht. … Das engagierte Beobachten ist in besonderem Masse der Wahrheit verpflichtet. Hier liegt der Unterschied zu einer bloss engagierten Literatur, die überzeugen, ja missionieren will. Hier liegt auch der Unterschied zum entschiedenen Handeln, das noch im günstigsten Fall bereit ist, Einwände und Bedenken im Namen des angestrebten Ziels beiseitezuwischen. Die Wahrheit entzieht sich für immer unserem Zugriff, aber die Suche nach ihr und der Glaube an ihre Einzigartigkeit sind … für den engagierten Beobachter bestimmend. Weder Moden noch Interessen dürfen von der Wahrheit ablenken. …
Trotz aller Erläuterungen bleibt das engagierte Beobachten ein Paradox, ein Widerspruch in sich selbst. Infolgedessen finden die, die es pflegen, sich regelmässig zwischen den Stühlen. Von den Wissenschaftlern, mit denen sie häufig Institutionen, meistens Universitäten, teilen, werden sie für Politiker gehalten, von den Politikern dagegen für ziemlich ‘akademisch’.”

aus: Ralf Dahrendorf: Versuchungen der Unfreiheit. Die Intellektuellen in Zeiten der Prüfung. München: Beck 2006, S.67-70.

11/06

07/10/2007 (22:32) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

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