MALTE WOYDT

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Innerlichkeit

“‘Macht eine neue Erfindung’ – ruft Rahel aus – ‘die alten sind verbraucht!’ Ich fürchte nur, wir stehen an der Grenze unseres Witzes und sind alle für den Himmel reif, was NB. der schlechteste Zustand auf Erden ist. Unser Leben ist so innerlich geworden; es kann ohne ein Wunder nicht wieder äußerlich werden. Dies stete Bespiegeln und Auskundschaften unsrer selbst: wohin führt es? Nicht einmal zum Irrtum, höchstens zu einer verzweiflungsvollen Ahnung unserer eigenen schauerlichen Unendlichkeit, zu einem Punkt, wo uns das eigne Ich als das furchtbarste Gespenst gegenübertritt. Freilich ist hier Hunger und Sättigung eins, denn wir können keine neue Frage tun, ohne zuvor eine neue Anschauung gewonnen zu haben; aber es heißt doch, die Wahrheit durch die Tortur auspressen und mit dem Saft des Lebens den Baum der Erkenntnis düngen. Es ist etwas ganz, ganz anderes, ob die Welt, der Zufall, das Schicksal dem Menschen die Fragen vorlegt, oder ob er sich selbst fragt. Man kann sich selbst fremd werden, das ist der umgekehrte Wahnsinn und der letzte, d.h. tiefste Abgrund, in den man stürzen kann.”

aus: Friedrich Hebbel: Tagebücher, 1838. In: ders. Werk in zwei Bänden. 2. Bd., München: Hanser 1952, S.396/97.

Abb.: Johan Heartfield: O Tannenbaum, Arbeiter-Illustrierte-Zeitung, 1934, im Internet.

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12/11/2015 (22:52) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

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