Überredungskunst
“… Dagegen hat Veronese in dem anschließenden Saal, der Sala del Collegio, den Palladio entwarf, eine Reihe von Allegorien gemalt, die sich politisch deuten lassen. Da sehn wir die sieben freien Künste, die das Mittelalter so oft gestaltet hat, und unter ihnen die Dialektik, ein ausgezeichnetes Werk. Mit ihr ist wohl vor allem die Kunst der Überredung gemeint, die in der Politik so gute Dienste tut. In weißem Kleid und grünen Mantel sitzt die Göttin an den Stufen eines Säulenbaus vor einem zartblauen, wolkengezeichnetem Himmel und spinnt ein Spinnennetz zwischen ihren Händen, ‘nach Spitzfindigkeiten und Listen Ausschau haltend’, wie Ridolfi sagt. Spätere Zeiten verstanden dies Gleichnis nicht mehr. Heute heißt Veroneses Gestalt im Volksmund die Spitzenklöpplerin von Burano, denn die Venezianer glauben, der Maler habe in ihr den Frauenfleiß jener Laguneninsel versinnbildlichen wollen …”
aus: Eckart Peterich: Italien. Ein Führer. Erster Band, München: Prestel 1958, S.126/127 (Venedig, im Dogenpalast).
03/16