MALTE WOYDT

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Stadtsanierung

“Als sie sich mit drohend erhobenen Zeigefingern zum Gehen gewandt hatten, wirbelten die mörderischen Worte unaufhörlich in Serafins Kopf herum: Enteignung… gerichtliche Vorladung… Industriegebiet… Wohnsiedlung… armierter Beton… von Amts wegen abreißen… unverzüglich ausziehen …
Dann kamen Arbeiter und fällten die großen Bäume, die Serafin und Plum so liebten. Es folgten Lastwagen, Kräne und Bulldozer.

Tag für Tag wuchsen auf allen Seiten ungeheure, immer höhere Blocks aus grauem Zement. Der Lärm wurde unerträglich, der Rauch und die Riesenkräne verdunkelten die Sonne. Wie entsetzliche Klammern legten sie sich um Serafins Haus und würden sich allmählich immer enger zusammenschließen, bis zum Ersticken.

Fest entschlossen, ihr Eigentum um jeden Preis zu verteidigen, verschanzten sich Serafin und Plum im Haus und verschlossen Türen und Fenster.

Als die beiden Männer ein zweites Mal erschienen, weigerten sich unsere Freunde sogar, sie zu empfangen.

Serafin konnte jedoch nicht verhindern, daß sich sein Herz zusammenkrampfte, als sie die Nachricht lasen, die ihnen unter der Tür durchgeschoben wurde: ‘Letzte Warnung: wenn Sie das Haus nicht binnen 48 Stunden geräumt haben, werden wir Sie mit Polizeigewalt dazu zwingen müssen.’

Gesetz war Gesetz. Man hatte sich ihm zu fügen.

Außerdem wurde das Leben unerträglich. Wenn Serafin und Plum sich davonstahlen, um Einkäufe zu machen, riefen ihnen die Arbeiter faule Witze nach. Ein Kranführer tat sogar so, als wolle er mit der riesigen Zange seiner Maschine ihr Auto packen, und erschreckte sie tödlich. Es mußte etwas geschehen!”

aus: Philippe Fix: Serafin und seine Wundermaschine, Zürich: Diogenes 1970, S. 24-26, auch im Internet.

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08/04/2016 (1:22) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

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