Offene Gesellschaft
“Der Hauptvorwurf der Feinde der offenen Gesellschaft an die säkularen Verfassungsstaaten und ihr Ideal der Freiheit und Toleranz ist das der Beliebigkeit und Leere.
Für sie sind individuelle Rechte keine Errungenschaften, sondern zerstörerische, gefährliche Risse im Kollektiv, die den Blick freilegen auf eine unübersichtliche Welt, verwirrend und im Wandel, eine Weite, in der jeder allein ist, hoffnungslos und klein, abgeschnitten von Gemeinschaft und Geschichte.
Sie irren sich. Was sie übersehen, ist die Tatsache, dass die Anhänger der offenen Gesellschaft durchaus nicht an nichts glauben. Im Gegenteil. …
Wir glauben an das Leben. Wir glauben an die Vernunft als seine Entsprechung in unserem Denken. Wir glauben, dass wir mit ihr die Kluft zwischen unseren Gehirnen überbrücken können. Und irgendwann dann auch die zwischen unseren Herzen.
Wir wissen, dass ihr das für naiv haltet. Für träumerisch und kindisch und weltfremd. Aber wir beweisen euch das Gegenteil, jeden Tag.
Weil ihr in unserer Gesellschaft die gleichen Rechte habt wie wir.
Und egal, was ihr tut, oder woran ihr glaubt: Indem wir die offene Gesellschaft verteidigen, kämpfen wir immer auch für euch.”
aus: Heinz Helle: An die Ungläubigen. Zeit-Online 28.9.16 [im Internet]
Abb.: Chittaprosad India Peace, im Internet.
09/16