MALTE WOYDT

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Globalisierung 1

“Transnationale Konzerne haben ein Interesse … an Staaten, die schwach sind, aber trotzdem Staaten bleiben. … Der gesellschaftliche Kommunikationsfaden zwischen Reichen, die globalisiert, und Armen, die lokalisiert werden, [droht] zu zerreißen, weil zwischen Globalisierungsgewinnern im obersten Oben und Globalisierungsverlierern im untersten Unten keine verpflichtenden Arenen mehr existieren, in denen um Ausgleich und Gerechtigkeit gefunden werden könnte. …

Inzwischen [stammen] 53 Prozent aller wirtschaftlichen Wertschöpfungen von transnationalen Konzernen … . Damit schwinden die Einflußmöglichkeiten des Nationalstaats und der jeweiligen Regierungen, Arbeitsplätze zu schaffen und den Wohlstand der Bürger zu sichern. … Nur europäische Institutionen erlauben es, das Steuer-Dumping zu beenden und die ‘virtuellen Steuerzahler’ neu zur Kasse zu bitten …

Der Widerspruch zwischen nationalstaatlichem Handlungsrahmen und transnationalen Problemen [verleitet] dazu …, in vorbestimmter Untauglichkeit immer mehr nationalstaatliche Kontrollgesetze zu erlassen, um politischen Aktionismus zu demonstrieren, die das Problem, auf dessen Lösung sie zielen, vollständig verfehlen … Der Ruf nach nationalen Gesetzen … führt zwangsläufig immer schneller ins Leere. …

Ein transnationaler Kapitalismus, der keine Steuern zahlt und die Erwerbsarbeit abschafft, verliert seine Legitimität. Er wird – wie Schumpeter dies vorausgesagt hat – funktionslos-parasitär. … Es wäre ein schlichter, aber höchst folgenschwerer, vielleicht suizidaler Irrtum, die Marktwirtschaft aus ihrem politischen Entstehungskontext in Europa herauszulösen und gleichsam nackt zu betreiben. … Transnationale Wirtschaftsakteure haben ihre Achillesferse. Die grenzenlose Selbstverwirklichung des Kapitals muß sich nämlich binden: erstens an Orte, zweitens an Produkte. Auch flüchtiges Kapital muß … Güter und Dienstleistungen erzeugen, welche die Menschen kaufen, wählen sollen, also auch abwählen können. …

In den höheren Etagen der Wirtschaft und der Politik [beginnt] das Rätselraten über die Frage: Wieviel Armut verträgt die Demokratie? …

Eine starke, demokratische Europäische Union könnte ihr Gewicht als größte Handelsmacht der Welt für wirkliche Reformen einsetzen …”

aus: Ulrich Beck: Was ist Globalisierung? Frankfurt(Main): Suhrkamp 1997, S.164, 166, 176, 223, 227, 232/233, 255, 263.

Abb.: Louis XVI, nach seiner Festnahme in Varennes. Anonyme Karikatur, im Internet.

08/10/2007 (11:09) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

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