MALTE WOYDT

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Klassengesellschaft

“… die Lebenserfahrung der Sowjetbürger [stellt] jede marxistische Klassenanalyse in den Schatten … Die Menschen in diesem Land sind mit den feinsten Nuancen von Status, Rang und Lebensstandard vertraut, und das betrifft keineswegs nur die Wohnungsfrage. Wer kann über ein eigenes Telephon verfügen? Wohin, wenn überhaupt, fährt er in Ferien? Welche Papiere hat er, und welche fehlen ihm? Wohin geht er, wenn er krank ist? In welchen Läden kauft er ein? Wohin kann er reisen, wohin nicht? Wie zieht er sich an? Wo studiert er, und was? Welche Schuhe trägt er? Was ißt er? Hat er eine Datscha? …”

aus: Hans-Magnus  Enzensberger: Tumult. Berlin: Suhrkamp 2014, S.81.

Abb.: Ion Bârlădeanu: Untitled, 1988, im Internet.

05/21

11/05/2021 (2:16) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

Paradies

“Das Paradies der Muslime verspricht den Gläubigen, was die Wirklichkeit ihnen verweigert: grüne Auen statt der Sandwüste; schöne Huris statt unerreichbarer Frauen und Homosexualität aus Not; reiche Speisen, die sich in Luft auflösen, statt mit Ruhr oder Cholera zu drohen. Dieses Paradies folgt … einer stringenten Logik.

Das Christentum kennt zwei Paradiese, die seltsam miteinander konkurrieren. Der Garten Eden entspringt einer orientalischen Phantasie. Er ist sinnlich und wird anschaulich beschrieben: üppige Vegetation, Versöhnung mit der Natur, die Menschen sind nackt, sie arbeiten nicht. Dagegen liegt über dem himmlischen Paradies der reinen Lehre ein Bilderverbot, das die Phantasie lähmt und bloß ewige Langeweile verheißt. Die Angst vor der Hölle war in Europa immer stärker als die Lust auf eine solche Belohnung. …

Mich hat früher der Garten Eden skandalisiert. Als Kind schien es mir, als verdiene ein Paradies seinen Namen nicht, auf dem Schilder aufgestellt seien wie … ‘Äpfel essen verboten’. Heute denke ich anders darüber; denn mit dem Verbot war den Bewohnern des Gartens die Freiheit und die Zeit geschenkt – die Zeit vorher und die Zeit danach. Der Apfel war der größte Genuß, den der Garten zu bieten hatte. Er gab die Falltür, den Notausgang frei, versprach den Eros und die Intelligenz. Ohne die verbotene Frucht wäre dieser Ort ein Gefängnis gewesen. Von einem Paradies ist zu fordern, daß man es verlassen kann, wenn man genug davon hat. Das gilt auch für politische Paradiese, wie sie der Kommunismus versprach.”

aus: Hans-Magnus  Enzensberger: Tumult. Berlin: Suhrkamp 2014, S.265/266.

Abb.: Sugio: Threesome, 2018, indoartnow, im Internet.

 

05/21

11/05/2021 (2:01) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

Achtundsechziger 2

“Zu meiner Überraschung zeigte sich, daß unser wütendes Land ganz allmählich, fast hinter unserem Rücken, immer bewohnbarer wurde. Niemand schlug mehr die Hacken zusammen, niemand machte einen Diener, Autofahrer fingen an, Fußgänger an der Kreuzung passieren zu lassen, Polizisten warfen ihre Tschakos ab, Busschaffner warteten auf alte Damen, statt ihnen vor der Nase wegzufahren.  Der Kuppelparagraph und der §175 wurden abgeschafft. Gegen den hinhaltenden Widerstand des Obrigkeitsstaates setzten sich lässige Verkehrsformen durch. Es geschahen Zeichen und Wunder in Deutschland. Man konnte den Eindruck haben, als wäre die Republik auf dem Weg zur Zivilisation. …

Die Systemopposition ist … zum bloßen Relais der Modernisierung geworden. Sie hat den Lernprozeß der kapitalistischen Gesellschaft entschiedener vorangetrieben als ihre Verteidiger …”

aus: Hans-Magnus  Enzensberger: Tumult. Berlin: Suhrkamp 2014, S.243 und 269

05/21

11/05/2021 (1:46) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

Britain 1

“Part of the English disease is our readiness to ascribe our national disasters to questions of personal character. But the vanities of posh men and their habit of dragging us into catastrophe have much deeper roots. They centre on an ancient system that trains a narrow caste of people to run our affairs, but also ensures they have almost none of the attributes actually required.”

aus: John Harris: Britain’s overgrown Eton schoolboys have turned the country into their playground. The Guardian online, 2.5.21, im Internet.

05/21

02/05/2021 (23:49) Schlagworte: EN,Lesebuch ::

Autocracy

“Once, authoritarian states were symbolised by the Soviet Union, which was seen as lumbering, clumsy and sclerotic. Now, the model is China, which is nimble, strategic and fast. ‘The question is,’ said Biden, ‘in a democracy that’s such a genius as ours, can you get consensus in the timeframe that can compete with autocracy?'”

aus: Richard McGregor: Biden and Xi talk of a clash of civilisations. But the real shared goal is dominance. The Guardian online, 2.5.21, im Internet.

05/21

02/05/2021 (23:41) Schlagworte: EN,Lesebuch ::

Ausländer

“ausländer – der begriff ist heute etwas verpönt aber ich hab ihn gern.
fragt mich wer ob ich deutsche sei sage ich:
gott nee, ich bin ausländerin.
auf weitere nachfrage dann: afrikanerin.
das gerne weil es leute oft richtig stört (“echt afrika? sieht man gar
nicht so bei dir. dachte
brasilien/kuba/philippinen”). + es stimmt schon nur noch so halb,
auch in äthiopien bleibe ich
ausländerin.

ein freies weites wort.
ich will wohnen wo die ausländer*innen sind, essen mit den
ausländern,
ausländisch lieben, denken + wichtig: trauern – das machen sie hier
einfach nicht.
ich träume also davon dass wenn ich einmal sterbe alle zu
ausländer*innen geworden sind, jede für sich.

in den menschen liegt ein ausland. + wer weiß.
vielleicht grenzen wir mal aneinander”

aus: Elisa Aseva: 4.7.2019, 19:52 Uhr, Randnotizen, 54stories, im Internet

Abb.: Vlassis Caniaris: Hopscotch, 1974, Detailansicht, EMST Athen.

04/21

11/04/2021 (15:16) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

Anthropologie

“L’Europe … n’a pas voulu reconnaître qu’il y a des histoires parallèles, des chronologiques du monde qui ne commencent pas nécessairement avec Adam et Ève, puis les Grecs et ainsi de suite. Même lorsqu’elle a été confrontée à cette réalité, elle n’a guère voulu la reconnaître et a préféré fermer les yeux dans cette sorte de déni dont elle semble avoir le secret. C’est à ce moment qu’elle a fondé l’anthropologie – un mode explicatif qui repose sur la conviction qu’il existerait des peuples sans histoire; des peuples qui ne feraient pas de distinction entre la nature et la culture ou encore nature et société …”

aus: Achille Mbembe: L’Afrique planétaire. De(s)générations (Saint Etienne) 22: Penser avec l’Afrique. 2015, S.86.

04/21

03/04/2021 (16:45) Schlagworte: FR,Lesebuch ::

Philosophie

“La notion de philosophie Africaine est problématique, car elle semble une émanation de cultures qui seraient africaines. Or la démarche philosophique consiste au contraire à être non le produit de la culture, mais un retournement sur la culture, un questionnement, voire une rupture avec la culture. Socrate, ancêtre mythique des philosophes s’il en est, a été condamné par les Athéniens sous le prétexte de s’être coupé avec a culture, avec les valeurs courantes de sa culture. C’est le geste inaugural de la philosophie.”

aus: Souleymane Bachir Diagne: Du mouvement vers l’universel. Interview durch Arnaud Zohou. De(s)générations (Saint Etienne) 22: Penser avec l’Afrique. 2015, S.21.

04/21

03/04/2021 (16:33) Schlagworte: FR,Lesebuch ::

Rankings

“… de schijnbaar objectieve wereld van de universitaire rankings. Steevast staan de Britten en de Amerikanen erin op kop. … Vreemd, want mochten de Amerikanen superieur intelligent zijn, dan hadden ze Donald Trump niet tot president verkozen.”

aus: Rik Torfs: Waarom ik een lokale tripel niet zou willen missen. Knack, 29.11.17

02/21

26/02/2021 (16:36) Schlagworte: EN,Lesebuch ::

Corona 1

“Photo de classe au temps de Corona” selon un des enfants-curateurs de l’exposition “Kleine Catalogus” au SMAK, Gent 2021/22.

“Pour un enfant ou un adolescent, le temps s’écoule de manière bien différente, il n’a pas la même prégnance. Pour imager mon propos, on pourrait se représenter qu’à l’échelle d’une vie, un an pour un enfant de dix ans équivaudrait subjectivement à six années pour un homme de soixante. Et six années pendant lesquelles chaque instant devrait être mobilisé par une indispensable construction physique, affective et psychique. Six années sans mémoire dans laquelle aller puiser les ressources nécessaires au décodage du présent. Les conséquences sur ces jeunes des mesures de confinement sont foudroyantes. Si déjà, dans le ‘monde d’avant’, les phénomènes de décrochage et de désaffiliation observés étaient interpellants, ils ont pris aujourd’hui des proportions affolantes. Les jeunes que j’ai rencontrés ces dernières semaines se construisent en marge, dans un monde parallèle au nôtre auquel ils n’ont aucune velléité de s’affilier et auquel ils n’accordent aucun crédit. Ils s’auto disqualifient. Nous nous bâtissons un monde futur peuplé d’électrons libres s’inventant isolément des valeurs (ou non valeurs) aussi diverses qu’aléatoires.”

aus: Marc De Koker: Les jeunes que j’ai rencontrés ces dernières semaines se construisent en marge, dans un monde parallèle au nôtre. La libre en ligne, 4.2.21, im Internet.

image: Kris Martin: “Lost Wax” (2013), SMAK Gent, im Internet.

02/21

05/02/2021 (12:29) Schlagworte: FR,Lesebuch ::
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