Maltes Lesebuch
MALTES LESEBUCH
Guten Tag, mein "Lese- und Notizbuch" ist umgezogen. Ich habe es in die
modische Form eines Blogs gegossen:
Bonjour, mon "cahier des lectures et des notes" à déménagé.
Je l'ai transmis dans la forme modique d'un blog:
Goeiedag, mijn "lees- en notitieboek" is verhuisd. Ik heb het in de
modische vorm van een blog gegoten:
Hello, my "readings and notes" section has moved. I have put it into
the fashionable form of a blog:
www.woydt.be/blog/
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PRIVATHOME:
LESEBUCH:
NARZISSMUS UND EITELKEIT
Narzißmus und Eitelkeit
"Die Konzentration auf ... das Vorurteil vom
lügenden Politiker lenkt uns
ab vom schlimmsten Laster der Politik. ... 1996 nannte ich dieses Laster die
Eitelkeit. Jetzt, einige Jahre danach, würde ich von Narzißmus sprechen.
...
Die Eitelkeit des Politikers - sie ist mir bisher fast ausschließlich
bei Männern begegnet - ... bezieht sich auf ... das Gewicht innerhalb der
Gruppe, die manche die 'politische Klasse' nennen. ... Der eitle Politiker ist
davon überzeugt, daß ihm, zumindest in der Sparte der Politik, in
der er sich hochgearbeitet hat, niemand das Wasser reichen kann. ... Der Eitle
giert nach Anerkennung, Zustimmung, Bewunderung. Wer sie ihm versagt, ist entweder
dumm oder böse. Er muß es büßen. ...
Was ich seit 1996 dazulernen mußte, bezieht
sich auf das Verhältnis von Narzißmus und Eitelkeit. Es gibt zwar
keine Eitelkeit ohne einen gewissen Narzißmus, aber offenbar doch einen
massiven Narzißmus ohne aufdringliche Eitelkeit. ...
Geckenhafte Eitelkeit war nicht Kohls Sache,
und das war das Sympathische an ihm ... Kohl ließ die Leute Witze erzählen
und festigte seine Macht. Der eitle
Politiker bereitet seine Auftritte sorgfältig vor. Hinterher kann er fragen:
'Wie war ich?' - [Kohl] wollte gar nicht strahlen. ... Er war Kohl, der beste,
der richtige Kanzler. Das war genug. ... Oskar Lafontanie ließ sich zwar
schwer beraten, fast nie von seiner Meinung
abbringen. Aber er nahm es auch denen nicht übel, die es versuchten.
Beide, Lafontaine und Kohl, sind dennoch an
einem Verhalten gescheitert, das von maßloser Selbstüberschätzung
und wohl auch Selbstverliebtheit geprägt war. ... Lieber trennte sich Kohl
von denen, mit denen er über Jahrzehnte zusammengewirkt hatte, als daß
er etwas tat, was der Person Kohl zuwider war. ... [Lafontaine interessierte
sich nicht für die Arbeit der Programmkommission, der er vorsaß.,
Lafontaine wollte kein Programm, er war das Programm.] ... Hier ist offenbar
das Verhältnis zwischen dem Ego und dem Rest der Welt gestört. ...
Es gibt offenbar einen Narzißmus jenseits
der Eitelkeit, einen Narzißmus, welcher der gemeinen Eitelkeit nicht mehr
bedarf. Vielleicht ist Eitelkeit der Narzißmus der Unsicheren. ... Der
- zumindest nach außen - uneitle Narziß ist von sich selbst so überzeugt,
daß er Bewunderung zwar genießt, gelegentlich auch erheischt, aber
nicht unbedingt braucht. ... Der starke, scheinbar uneitle Narziß ist
[übrigens] nur teamfähig, wenn er die Nummer eins ist ..."
Ehrhard Eppler: Privatisierung der politischen
Moral? Frankfurt(Main): Suhrkamp, S.44-53.
12/02
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