Maltes Lesebuch
MALTES LESEBUCH
Guten Tag, mein "Lese- und Notizbuch" ist umgezogen. Ich habe es in die
modische Form eines Blogs gegossen:
Bonjour, mon "cahier des lectures et des notes" à déménagé.
Je l'ai transmis dans la forme modique d'un blog:
Goeiedag, mijn "lees- en notitieboek" is verhuisd. Ik heb het in de
modische vorm van een blog gegoten:
Hello, my "readings and notes" section has moved. I have put it into
the fashionable form of a blog:
www.woydt.be/blog/
|
.
|
PRIVATHOME:
LESEBUCH:
GEGENWART
Gegenwart
"Vor allem müssen
wir deutlich erkennen, daß die Form der Erscheinung des Willens, also
die Form des Lebens oder der Realität, eigentlich nur die Gegenwart ist,
nicht Zukunft noch Vergangenheit;
diese sind nur im Begriff, sind nur
im Zusammenhange der Erkenntnis da, sofern sie dem Satz zum Grunde folgt. In
der Vergangenheit hat kein Mensch gelebt und in der Gegenwart wird nie einer
leben, sondern die Gegenwart allein ist die Form alles Lebens, ist aber auch
kein sicherer
Besitz, der ihm nie entrissen werden kann. ...
Unsere eigene Vergangenheit,
auch die nächste und der gestrige Tag, ist nur noch ein nichtiger Traum
der Phantasie, und dasselbe ist die Vergangenheit aller jener Millionen. ...
reale Objekte giebt es aber nur in der Gegenwart: Vergangenheit und Zukunft
enthalten bloße Begriffe und Phantasmen, daher ist die Gegenwart die wesentliche
Form der Erscheinung des Willens und von dieser unzertrennlich. ...
Wir können die Zeit
einem endlos drehenden Kreise vergleichen: die stets sinkende Hälfte wäre
Vergangenheit, die stets steigende die Zukunft; oben aber der unteilbare Punkt,
der die Tangente berührt, wäre die ausdehnungslose Gegenwart; wie
die Tangente nicht mit fortrollt, so auch nicht die Gegenwart, der Berührungspunkt
des Objekts, dessen Form die Zeit ist, mit dem Subjekt, das keine Form hat,
weil es nicht zum Erkennbaren gehört, sondern Bedingung alles Erkennbaren
ist. ...
... und wie dem Willen das
Leben, seine eigene Erscheinung, gewiß ist, so ist es auch die Gegenwart,
die einzige Form des wirklichen Lebens.
Wir haben demnach nicht nach der Vergangenheit vor dem Leben, noch nach der
Zukunft nach dem Tode zu forschen, vielmehr haben wir als die einzige Form,
in welcher der Wille sich erscheint, die Gegenwart zu erkennen; sie wird ihm
nicht entrinnen, aber er ihr wahrlich auch nicht."
Arthur Schopenhauer:
Die Welt als Wille und Vorstellung. Halle: Hendel o.J. (1859), I,§54
|