Maltes Lesebuch
MALTES LESEBUCH
Guten Tag, mein "Lese- und Notizbuch" ist umgezogen. Ich habe es in die
modische Form eines Blogs gegossen:
Bonjour, mon "cahier des lectures et des notes" à déménagé.
Je l'ai transmis dans la forme modique d'un blog:
Goeiedag, mijn "lees- en notitieboek" is verhuisd. Ik heb het in de
modische vorm van een blog gegoten:
Hello, my "readings and notes" section has moved. I have put it into
the fashionable form of a blog:
www.woydt.be/blog/
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PRIVATHOME:
LESEBUCH:
POLITISCHES THEATER
Politisches Theater
"Ich persönlich mache keinen Hehl daraus,
daß ich nicht an ein in Permanenz politisches Theater glaube. Ich glaube
wohl, daß von einem Theater politische Wirkung ausgehen kann. Sie kann
ausgehen von einem Stück, von einem Regisseur, ja, von einem einzigen Schauspieler.
Aber ein Theater, das Abend für Abend ohne eigene Phantasiezugabe paukt,
was in Zeitungen und Meetings
auch gepaukt wird, das ist ein Theater ohne Fluidum, ohne Schwingung und Strahlung,
ein Theater nicht zum Mitgerissenwerden, sondern zum Abgewöhnen. Mir scheint,
die einzige Möglichkeit politisches Theater zu machen,
haben Sie versäumt, [Herr Piscator]. ... Haben Sie einem einzigen jungen
Dichter ans Licht verholfen? Sie haben ein Stück von Toller gespielt,
vor dem kein bürgerlicher Direktor zurückgezuckt wäre, dann,
das Ärgste, den 'Rasputin' eines schlechten russischen Konjunkturisten;
schließlich den dramatisierten 'Schwejk', von dem Sie die großartige
Blasphemie der Schlußszene einfach strichen. Waren es Bedenken vor der
Zensur, waren es Erwägerungen, ob die Steigerung ins Unwirkliche etwa der
Doktrin zuwiderliefe? Ich
weiß es nicht. Die 'Weber', das klassische Proletarierstück, ließen
Sie Jeßner, den aufreizeneden 'Toboggan' des jungen Menzel wird ein bürgerlicher
Direktor wagen, Brechts englische Soldatenkomödie blieb der verspotteten
Volksbühne. Ich glaube, Sie leiden nicht unter zuviel Anfeindung, sondern
unter zu viel Lob. Befreien Sie sich von Ihren Korybanten. Die haben ein ganz
entzückendes Rezept gefunden: bezweifelt man den politischen Sinn einer
Aufführung, so wird tiefsinnig die ästhetische Bedeutsamkeit ausgespielt.
Rührt man aber an diese, so heißt es nicht minder tiefsinning: aber
die Politik ist doch gut! Mit Verlaub, das ist gar nicht proletarisch-revolutionär,
sondern sehr glitschig-liberal."
Carl von Ossietzky, Die Weltbühne, 6.März
1928, hier zitiert nach: Carl von Ossietzky Lesebuch, Reinbek: Rowohlt, 1994,
S.183/184.
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