Maltes Lesebuch
MALTES LESEBUCH
Guten Tag, mein "Lese- und Notizbuch" ist umgezogen. Ich habe es in die
modische Form eines Blogs gegossen:
Bonjour, mon "cahier des lectures et des notes" à déménagé.
Je l'ai transmis dans la forme modique d'un blog:
Goeiedag, mijn "lees- en notitieboek" is verhuisd. Ik heb het in de
modische vorm van een blog gegoten:
Hello, my "readings and notes" section has moved. I have put it into
the fashionable form of a blog:
www.woydt.be/blog/
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PRIVATHOME:
LESEBUCH:
LITERATURKRITIK
Literaturkritik
"Kritiker
sind sehr oft keine bösen Menschen, sondern, dank den ungünstigen
Zeitumständen, gewesene Lyriker, die ihr Herz an etwas hängen
müssen, um sich aussprechen zu können; sie sind
Kriegs- oder
Liebeslyriker, je nach dem inneren Erträgnis, das sie günstig
anbringen müssen, und es ist begreiflich, daß sie dazu lieber
das Buch eines Großschriftstellers
als das eines gewöhnlichen Schriftstellers
wählen. Nun hat natürlich jeder Mensch nur eine begrenzte Arbeitsfähigkeit,
deren beste Ergebnisse verteilen sich leicht auf die jährlichen Neuerscheinungen
aus Großschriftstellerfedern, und so werden diese zu Sparkassen des
nationalen Geisteswohlstandes, indem jede von ihnen kritische Interpretationen
nach sich zieht, die keineswegs nur Auslegungen, vielmehr geradezu Einlagen
sind, während für alles übrige entsprechend wenig übrig
bleibt. Ins Größte wächst das aber erst durch die Essayisten,
Biographen und Schnellhistoriker, die ihr Bedürfnis an einem großen
Mann verrichten. Mit Respekt zu sagen, Hunde ziehen zu ihren recht gemeinen
Zwecken eine belebte Ecke einem einsamen Felsen vor; wie sollten da nicht
Menschen, die den höheren Drang haben, ihren Namen öffentlich
zu hinterlassen, einen Fels wählen, der offenkundig einsam ist? Ehe
er sichs dessen versieht, ist so der Großsschriftsteller kein Wesen
mehr für sich allein, sondern eine Symbiose, das Ergebnis nationaler
Arbeitsgemeinschaft im zartesten Sinn und erlebt die schönste Versicherung,
die das Dasein zu geben vermag, daß sein Gedeihen mit dem Gedeihen
zahlloser anderer Menschen auf das innigste verflochten ist."
Robert
Musil: Der Mann ohne Eigenschaften. Ausg. Reinbek: Rowohlt 1978, Bd.I,
S.430/31.
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