Maltes Lesebuch
MALTES LESEBUCH
Guten Tag, mein "Lese- und Notizbuch" ist umgezogen. Ich habe es in die
modische Form eines Blogs gegossen:
Bonjour, mon "cahier des lectures et des notes" à déménagé.
Je l'ai transmis dans la forme modique d'un blog:
Goeiedag, mijn "lees- en notitieboek" is verhuisd. Ik heb het in de
modische vorm van een blog gegoten:
Hello, my "readings and notes" section has moved. I have put it into
the fashionable form of a blog:
www.woydt.be/blog/
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PRIVATHOME:
LESEBUCH:
HERAKLES II
Herakles II
"Daß es immer
diese riesigen, feuerschnaubenden, vielleibigen, vielköpfigen Wesen sind,
die auf ihn zukommen oder die er aufstöbert in abseitigen Gefilden, spricht
davon, daß er mehr in seinen Träumen als im Alltäglichen verhaftet
war. ... Die uns überlieferte Vielzahl seiner Taten,
die ihn so berühmt machte, ist einem Stundenbuch gleich, einer Serie von
Votivbildern, auf denen die einzelnen Stationen vermerkt sind, wir, wie auch
die Historienerzähler vor uns, haben darin die Gestalt
eines Helfers in der Not, eines Retters erkannt, der für seine Tapferkeit
mit höchstem
Glück
belohnt wurde. Was aber, fragte ich mich, war das
für ein Glück. War es das Glück darüber, daß nun beßre
Zeiten gekommen, und die meisten Greuel und Verheerungen abgewendet worden waren.
Keinesfalls. Nun begann es erst recht mit den Kriegen,
und das Darben wuchs in den Städten. Daß er, nachdem er sich auch
mit einem gewöhnlichen Tod nicht begnügen konnte, sondern unter unfaßbaren
Qualen zugrunde ging, von den Göttern wieder aufgenommen wurde und fortan
entrückt dem Olymp angehörte, machte
ihn mir verdächtig. Warum sahn die Höchsten ihn am Ende als ihresgleichen
an, wenn nicht deshalb, weil er nichts getan hatte, um ihre Stellung zu erschüttern,
ja weil es ihm eigentlich nur gelungen war, den Glauben an übermenschliche,
das heißt göttliche Fähigkeiten zu verbreiten. ... Die Unklarheit,
die er hinterließ, führte wohl auch dazu, daß grade jene, die
wir für seine Widersacher hielten, ihn für sich in Anspruch nahmen.
Den Handelsherren, den Bankleuten, allen, die nach Gewinn, nach Erfolg trachteten,
wurde er zum Schutzheiligen, der Schlemmerei, der Libertinage wurde er zum Vorbild,
die Notleidenden wußten nur noch wenig mit ihm anzufangen. Hinzu kam,
daß er zum Inspirator des Kolonialismus wurde, mit ihm begann das Zeitalter
der griechischen und ionischen Ausfahrten übers Meer bis zum Ende der Welt,
seine Schilderungen des Reichtums
fremder Länder hatten die Begüterten, die Unternehmer dazu verlockt,
ihr Geld im Schiffsbau zu investieren und sich die fernen Bodenschätze
zu erschließen."
Peter Weiss: Die
Ästhetik des
Widerstandes. Werke in sechs Bänden, Dritter Band, Frankfurt
(Main): Suhrkamp 1991: S.315/316.
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